Das umstrittene Großgemälde des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi auf dem Friedrichsplatz. © picture alliance/dpa Foto: Uwe Zucchi

documenta fifteen: Umstrittenes Werk wird entfernt

Stand: 22.06.2022 07:52 Uhr

Nur wenige Tage nach der Eröffnung ist das in die Kritik geratene Gemälde "People's Justice" des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi verhüllt worden. Nun soll es abgehängt werden.

Das auf der documenta wegen Antisemitismusvorwürfen in die Kritik geratene Gemälde "People's Justice" wird abgehängt. Das hat der Aufsichtsrat der documenta beschlossen, wie dessen Vorsitzender, der Kasseler Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD), am Dienstagnachmittag erklärte. Die Entfernung war zuvor schon von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) und der hessischen Kunststaatsministerin Angela Dorn (Grüne) gefordert worden. "Es ist ein immenser Schaden für unsere Stadt und die documenta entstanden", so der OB. Es müsse aufgearbeitet werden, wie es zu der Installation kommen konnte.

Auf dem Bild war unter anderem ein Soldat mit Schweinsgesicht zu sehen, der ein Halstuch mit einem Davidstern trägt. Auf seinem Helm ist die Aufschrift "Mossad" zu lesen.

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Kunstinteressierte sehen sich auf dem Friedrichsplatz das mit schwarzem Tuch verhüllte Grossgemälde "People·s Justice" (2002) des indonesischen Kollektivs Taring Padi an. © Uwe Zucchi/dpa

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American Jewish Committee Berlin fordert Schormanns Entlassung

Das American Jewish Committee Berlin forderte "nach den monatelangen Debatten und den antisemitischen Entgleisungen" die Entlassung der documenta-Geschäftsführerin Sabine Schormann. Sie solle umgehend von ihren Aufgaben entbunden werden, "der offen zur Schau gestellte Antisemitismus unverzüglich unterbunden und die entsprechenden Werke entfernt werden", erklärte Direktor Remko Leemhuis am Montag.

Direktor Meron Mendel: "Klare Grenzüberschreitung"

Der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, hat die Verantwortlichen aufgefordert, den Banner zu entfernen. Er bezeichnete den Beitrag von Taring Padi als "klare Grenzüberschreitung": "Diese Bilder lassen überhaupt keinen Interpretationsspielraum zu. Das ist klare antisemitische Hetze."

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Hände zurren das schwarze Tuch über dem Großgemälde "People’s Justice" (2002) mit den umstrittenen Figuren des Kollektivs Taring Padi fest. © picture alliance/dpa Foto: Uwe Zucchi

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Claudia Roth und Angela Dorn sehen "antisemitische Bildsprache"

Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth zeigte sich empört: "Das ist aus meiner Sicht antisemitische Bildsprache", sagte die Grünen-Politikerin. Die Menschenwürde, der Schutz gegen Antisemitismus, wie auch gegen Rassismus und jede Form der Menschenfeindlichkeit seien die Grundlagen unseren Zusammenlebens, und hier finde auch die Kunstfreiheit ihre Grenzen.

Eine antisemitische Bildsprache sieht auch Hessens Kunstministerin Angela Dorn. Sie ist stellvertretende documenta-Aufsichtsratsvorsitzende. Sie habe deshalb die Generaldirektorin der documenta, Sabine Schormann, kontaktiert, um die Angelegenheit schnellstmöglich zu klären.

Das Kunstwerk soll nun durch einen Vorhang verdeckt werden. Aufgrund einer Figurendarstellung des Kollektivs, die antisemitische Lesarten ermöglicht, habe sich das Kollektiv gemeinsam mit der Geschäftsführung und der Künstlerischen Leitung entschieden, die betreffende Arbeit zu verdecken und eine Erklärung dazu zu installieren, teilte die documenta am Montagabend mit.

Anmerkung der Redaktion: Mittlerweile hat der Aufsichtsrat der documenta beschlossen, das in die Kritik geratene Gemälde zu entfernen. Das hat der Aufsichtsratsvorsitzende und Kasseler Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD) am Dienstagnachmittag erklärt.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassisch unterwegs | 20.06.2022 | 16:15 Uhr

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