Besucher schauen die Oper "Don Giovanni" beim NDR Klassik Open Air im Maschpark © NDR Foto: Julius Matuschik

Hannover Klassik Open Air 2022: Picknick und Opern-Weltstars

Stand: 14.07.2022 00:00 Uhr

Am Donnerstagabend fand in Hannover wieder Opernmusik unter freiem Himmel statt. Der zweite Termin ist am 16. Juli. Das Hannover Klassik Open Air im Maschpark hat auch in diesem Jahr viele Weltstars zu Gast - und das alles kostenlos. Am Sonnabend übertragen wir das Konzert hier live im Videostream.

Ein Gespräch mit der Initiatorin des Klassik Open Air, Marlis Fertmann.

Frau Fertmann, was macht diese Konzerte zu einem so besonderen Erlebnis?

Marlis Fertmann: Das ist, glaube ich, diese Mischung - jedenfalls sagen das immer die Künstler, die mittlerweile aus allen Teilen dieser Welt nach Hannover kommen. Es ist diese einzigartige Kulisse, das Ambiente mit dem kleinen Maschteich und mit dem Park. Es ist auf der anderen Seite das Konzept: Oper für alle. Menschen können kommen, die vielleicht sonst gar nicht in die Oper gehen. Und: Wir haben immer Glück mit dem Wetter. Es scheint so zu sein, dass wir auch dieses Jahr einen Sommertraum erleben werden.

Seit 2014 werden die Freiluft-Opern vor der Kulisse des Rathauses in Hannover aufgeführt. Sie waren von Anfang an dabei - wie ging das damals los?

Journalistin Marlis Fertmann. © NDR Foto: Jessica Schantin
Marlis Fertmann ist die ehemalige Leiterin des Programmbereichs Fernsehen des NDR im Landesfunkhaus Niedersachsen.

Fertmann: Es ging damit los, dass ich eine Veranstaltung vom Odeonsplatz in München gesehen habe. Dort gibt es alljährlich ein Klassik Open Air, und ich dachte: Das können wir eigentlich auch. Ich habe den damaligen Intendanten angerufen und gefragt, was er davon hielte. Es war ganz glücklich, dass die NDR Radiophilharmonie ihren Dirigenten verabschiedete und wir aus Anlass dieser Abschiedsfeier die erste Oper gemacht haben, "Tosca". Der Zuspruch war so riesig, dass wir gar nicht mehr anders konnten, als weiterzumachen.

Was lieben die Besucherinnen und Besucher so an diesen Konzerten?

Fertmann: Ich glaube, dass es diese Barrierefreiheit ist. Wenn man sonst in die Oper geht, geht man in ein altehrwürdiges Gebäude, muss die Treppe hoch. Die, die noch nie da waren, haben mutmaßlich eine gewisse Scheu davor, wissen nicht, wann sie klatschen dürfen, was sie anziehen müssen. Das ist bei uns alles anders. Wenn es heiß wird, dann sind viele Menschen in der Badehose und Bikini da. Das ist Picknick, das ist ein Lebensgefühl, das ist aber auch die Möglichkeit, Weltstars zu sehen, die wirklich gerne nach Hannover kommen. Es ist nicht nur ein Punkt, es sind viele Punkte, die einfach bei uns passen.

Für die Künstler ist es auch eine besondere Atmosphäre, draußen zu singen. Was sagen die hinterher immer?

Fertmann: Das ist unterschiedlich. Wir hatten mal eine Sängerin, deren Namen ich nicht sage, die nicht begriffen hatte, dass hier alles anders läuft als in vielen weltberühmten Opernhäusern. Denn dort sitzen in den ersten Reihen Frauen, die ihre Perlen, Diamanten und vielleicht auch Pelze im Winter ausführen, und entsprechend gibt es eine Distanz zwischen Publikum und den Künstlern - das ist bei uns nicht der Fall. Wir haben fast Brecht'sches Theater, in dem die Künstler durch das Publikum auf die Bühne gehen. Es ist also nicht so, wie es anderswo ist, dass man die gar nicht zu fassen bekommt. Die sind in der Pause erreichbar. Die Künstler sind hochbegeistert, wenn sie wieder wegfahren. Viele, mit denen wir in Mail-Kontakt sind, fragen immer wieder, ob sie nicht noch mal kommen können, aber wir versuchen Künstler nach Hannover zu holen, die hier noch nicht gewesen sind. In diesem Jahr sind das Charles Castronovo, ein weltbekannter Tenor und George Petean, der rumänische Bariton. Unser Rising Star in diesem Jahr ist die Sopranistin Adele Zakaria, auch eine Rumänin, eine junge Frau, die so langsam das Potenzial entwickelt, mal vielleicht eine Netrebko zu werden.

Und welches Programm erwartet die Besucherinnen und Besucher?

Fertmann: Wir haben in diesem Jahr pandemiebedingt keine komplette Oper, sondern machen, wie auch im vergangenen Jahr, eine Operngala. Im vergangenen Jahr mussten wir die Plätze reduzieren, da waren nur 2.000 Menschen da. Das ist in diesem Jahr nicht so. Die Corona-Zahlen steigen zwar, aber wir haben keinerlei Beschränkungen, und ich hoffe, auf 30.000 bis 40.000 Menschen, die in den Park kommen werden. Im Programm gibt es alles, was man hören möchte: Verdi, Puccini, Bizet - die bekannten Gassenhauer, die man aus der Opernwelt so kennt.

Großartig ist, dass das kostenfrei ist: Man kann hinkommen, sich hinsetzen, seinen Picknickkorb mitbringen und einfach Spaß haben. Wie haben Sie das als Initiatorin hinbekommen?

Fertmann: Das war dieses Jahr nicht ganz einfach, denn natürlich hängen da eine Menge kosten dran. Auf der einen Seite ist es ein großes Glück, dass der Norddeutsche Rundfunk mit der NDR Radiophilharmonie dieses wunderbare Orchester stellt, auch die Sänger und Sängerinnen und Ivan Repušić, den Dirigenten, der auch im vergangenen Jahr das Publikum schon verzaubert hat. Auf der anderen Seite hatten wir dieses Jahr wirklich schwere Startbedingungen, weil durch den Ukraine-Krieg einer der Sponsoren, die im vergangenen Jahr dabei waren, abgesagt hat. Es ist natürlich schwierig, im April noch Menschen zu finden, die bereit sind, so ein Kulturevent zu unterstützen, aber wir haben sie gefunden. Und dank der wunderbaren Stadt Hannover ist es auch in diesem Jahr möglich, dass die Zuschauer und Zuschauerinnen vor großen Videowänden sitzen werden, es im Park hören können, es eine wunderbare Illumination geben wird.

Gibt es noch Tipps, die Sie Besucherinnen und Besuchern geben können, wenn sie sich kurzfristig entscheiden zu kommen?

Fertmann: Auf die Wetterkarte gucken und entsprechend Getränke mitbringen. Wir haben in diesem Jahr - wie sonst auch immer - ein paar Plätze vor der Bühne, aber auch dort wird es keine Tickets geben, die man kaufen kann. Diese Karten werden verlost, auch die Zeitungen werden Karten verlosen. Vielleicht hat man Glück und darf sogar einen Sitzplatz haben. Ansonsten Picknickdecke und etwas zu essen einpacken und ganz viel gute Laune mitbringen.

Das Gespräch führte Martina Gilica.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Kulturspiegel | 28.06.2022 | 19:00 Uhr

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