"Tell Me on a Sunday": Webber-Musical als One-Woman-Show
"Tell Me on a Sunday" steht ganz in der Tradition von Andrew Lloyd Webbers großen Musicals-Hits. Der Unterschied: Es ist ein Ein-Personen-Stück. Und passt daher gut ins kleine Kieler Theater Die Komödianten, wo es am Donnerstag Premiere gefeiert hat.
Es lag Spannung in der Luft: Endlich, endlich wieder volle Stuhlreihen! Aber sollte auf der kleinen Kammerbühne der Komödianten tatsächlich gleich ein Musical steigen? Auf durchweg schwarzer Bühne, mit lediglich Sessel, Couch und noch hochgehängter Schaukel? Keine Spur von Glamour und Bombast! Also legt die gutsortierte und bestens gestimmte Pianistin Sylwia Tymoti gleich einmal vor: Sie wird, auch anders als bei den großen Inszenierungen, die musikalische Begleitung allein bestreiten über diese eineinviertel Stunden.
Musical-Inszenierung auf begrenzt-kleiner Bühne
Dann aber fliegt auf dunkler Bühne eine Tür auf. Mit resolutem Schwung - und in ihrer Rolle "gescheitert, aber um viele Erkenntnisse reicher" - tritt Sina Schulz als Emma auf. Sie ist wieder zu Hause, in Hamburg. Mit dicker Jacke, burschikosem Outfit - das sie da, wo sie herkommt, nicht gebraucht hat. Hinter ihr liegt die Suche nach Liebe und Glück, auch beruflich. Aber wie das so ist auf den heißen Pflastern der Welt: Los Angeles, Hollywood und New York sind Durchlauferhitzer, die eine junge Frau schnell verbrauchen.
"Es geht natürlich, wie die meisten schönen Stücke, um die Liebe", erzählt die Hauptdarstellerin. "Dass sie sich in einen Mann verliebt, der sehr viel jünger ist als sie, oder dass sie eine Affäre mit einem verheirateten Mann hat. Und das sind natürlich Geschichten, in denen man sich wiederfinden kann oder nicht."
Nach und nach kämpft sich Sina Schulz richtig schön in die Rolle rein. Vor allem nach der Pause blüht ihr Gesang auf. Aber diese Inszenierung verlangt auch einiges: Wo sonst Statisten-Gewusel und Action herrscht, bespielt die Sängerin eine leere Bühne. Und was an Spiel-, also Liebespartnern fehlt, muss durch Requisiten ersetzt werden. So schaut sie mal sehnsüchtig in die Kulleraugen eines großen Teddybären oder wird eins mit dem Trenchcoat ihres Verflossenen - alles immer auf begrenzt-kleiner Bühne. "Ich kann, wenn das Licht ein bisschen an ist, in jedes Gesicht gucken", sagt Schulz. "Ich kriege die direkte Resonanz des Publikums. Und das macht es einfach hundertmal aufregender, als wenn da 1.500 Leute sitzen würden."
Man kann "Tell Me on a Sunday" für unterhaltsames solistisches Musiktheater halten. Und doch merkt man den Liedern an, dass sie nicht einfach zu singen sind. Regisseur Christoph Munk: "Das ist rhythmisch und harmonisch alles sehr vielfältig, bis hin zu Liedern, die an Kurt Weil erinnern. Da sind auch viele Jazz-Rhythmen drin, und das singt man nicht einfach so runter wie einen Schlager."
Überzeugender Gesang, gelungene Körpersprache
Das Kieler Publikum gibt schon vor der Pause gut Applaus. Jede Episode wird beklatscht, so überzeugend ist der Gesang von Sina Schulz - der manchmal an Jazz und Kurt Weill erinnert -, so gelungen ist aber auch die Körpersprache, mit der die Schauspielerin die emotionale Achterbahnfahrt ihrer Emma zeigt.
Was bei der Auswahl der auf Deutsch gesungenen Lieder nicht fehlen darf, ist das Anfang der 80er-Jahre von Gitte Hænning großgemachte "Freu‘ dich bloß nicht zu früh". Schon das Original mit Marti Webb war ein Riesenerfolg. "Die Bühne rocken", wie man heute gerne sagt, schafft Sina Schulz jedenfalls locker. Zwei Zugaben - oder waren’s drei? - und ein begeistertes Publikum.
"Tell Me on a Sunday": Webber-Musical als One-Woman-Show
Im Kieler Theater Die Komödianten hat das Ein-Personen-Stück von Andrew Lloyd Webber Premiere gefeiert.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ende:
- Ort:
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Theater Die Komödianten
Wilhelminenstr. 43
24103 Kiel
- Hinweis:
- In der Hauptrolle: Sina Schulz
Am Piano: Sylwia Timoti/Ivo Harms
Regie: Christoph Munk
