Schauspielhaus Hamburg: Starke Premiere von "Richard the Kid"
Am Hamburger Schauspielhaus hat Regisseurin Karin Henkel ihren Richard III. mit einer Frau besetzt. Im September 2022 war Premiere von "Richard the Kid & Richard the King".
Die Welt ist eine schwarze Scheibe. Darüber hängen Lampenkugeln in verschiedenen Größen - wie Planeten. Manche matt, andere gar nicht leuchtend: kalt. Unter diesem düsteren Himmel tut Richard seinen ersten Schrei. Schon die Geburt ist schwer, das Kind nicht gewollt. Verschlagen blickt Richard, gespielt von Lina Beckmann, ins Publikum, nicht Mitleid heischend, eher lockend. Ihr Richard ist ein Spieler, nimmt sogar Schauspielunterricht.
Kleine Brüche, wie ein S-Fehler oder wie immer wieder verwendetes Denglisch, sind es, die das grausame Spiel erträglich machen, die für Leichtigkeit sorgen in dieser blutgetränkten Geschichte, denn Leiche folgt auf Leiche. Der erste Mord ist noch ein Auftrag. Richard erhält ihn von den älteren Brüdern. Danach meldet er unschuldig: "Ihr könnt kommen, fertig!"
Furioser "Richard the Kid" mit Lina Beckmann und großartigen Partnern
Wie werden wir, was wir sind? Das ist die zentrale Frage in Karin Henkels Inszenierung. Deshalb hat sie das Drama ergänzt um Texte von Tom Lanoye und Luk Perceval aus dem Shakespeare-Marathon "Schlachten". "Richard the Kid" ist dieser erste, furiose Teil überschrieben, mit Lina Beckmann als rotznäsigem Bub, gehässig und verloren zugleich. Sein Schaukelpferd reitet er wie ein Schlachtross, die Hand mit dem noch nicht vorhandenen Schwert wild schwingend. Zimperlich ist hier keiner, auch sprachlich nicht.
Vor allem Edward, der Älteste flucht. Ganze Sätze scheinen fast allein aus dem F-Wort zu bestehen. Das hilft ihm auch nicht. Schon bald will Richard nur noch eins: Selbst König werden. Wie Lina Beckmann diesen Richard spielt, ist atemberaubend: kindlich, brutal, verspielt, unsicher, verführerisch und in jeder Sekunde hochkonzentriert. Sie tanzt, flüstert, weint und schreit - und hat mit Kate Strong, Bettina Stucky und vor allem Kristof Van Boven großartige Partner. Alle drei verkörpern jeweils mehrere Rollen: Van Boven wechselt geschmeidig in Sekundenschnelle.
Begeisterter Schlussapplaus - stehend
Im zweiten Teil, "Richard the King", verliert die Inszenierung zwischendurch etwas an Spannung, es sind - viele Leichen. Richards Herrschaft gründet allein auf Blut und Lügen, meisterhaft weiß er Gerüchte zu streuen und zu manipulieren. Das funktioniert, weil er Mittäter hat. Auch das interessiert die Regisseurin: Was macht Herrschaft aus? Ein kleiner, aktueller Seitenhieb. Am Ende begeisterter Applaus, stehend.
Schauspielhaus Hamburg: Starke Premiere von "Richard the Kid"
"Richard the Kid & Richard the King" von Regisseurin Karin Henkel hat am Hamburger Schauspielhaus Premiere gefeiert.
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Deutsches Schauspielhaus
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