Premiere: "Der schwarze Mönch" feiert die Freiheit der Kunst
Es war ein Abend, der die Freiheit der Kunst feiert. Den großen Beifall für sein Stück "Der schwarze Mönch" am Hamburger Thalia Theater konnte sich Regisseur Kirill Serebrennikov am Sonnabend selbst auf der Bühne abholen.
Die Überraschung war groß, als Serebrennikov Anfang Januar Moskau erstmals seit viereinhalb Jahren verlassen durfte, um die Endproben für seine Inszenierung am Thalia Theater zu leiten. Warum er für die Arbeit an dem Stück ausreisen durfte, konnte der international gefeierte Regisseur nicht sagen. Es sei "ein Geschenk".
"Freiheit statt Angst"
Gleich am Anfang des zweieinhalbstündigen Abends spitzt das Publikum die Ohren. In dem Stück geht es um Andrej Kowrin, der als Genie gilt. Erschöpft ist er einer Einladung von Freunden aufs Land gefolgt. Sein Gastgeber, ein alter Gärtner, fragt: "Kämpfst Du?" "Ich versuche es", antwortet Kowrin. "Bist Du es nicht leid?", fragt der Alte. "Wieso? Ich lebe doch dafür, für Eure und unsere Freiheit. Freiheit statt Angst!"

Daraus jetzt einfach Rückschlüsse zu ziehen auf Serebrennikovs Situation, greift jedoch zu kurz. Wo liegt die Freiheit? Im Genie? Oder: Gibt es wahre Freiheit nur im Wahnsinn? Das sind die Themen, mit denen sich Anton Tschechow in seiner Novelle auseinandersetzt und die Serebrennikov aufschlüsselt, indem er die Geschichte viermal erzählt, jeweils aus einer anderen Perspektive.
Der Gärtner lebt für seine Blumen und Bäume, die er hingebungsvoll pflegt und deren Eigenheiten er genau kennt. Niedrige Sträucher seien am widerstandsfähigsten, denn sie wüchsen scharenweise in Büscheln auf und hätten vor nichts Angst, nicht vor Wind und nicht vor Frost.
Drei Schauspieler spielen die Hauptfigur
Um die Existenz des Gartens zu sichern, will der Gärtner seine Tochter Tanja mit Kowrin verheiraten - und tatsächlich finden die beiden zusammen. Glücklich werden sie nicht. Denn Kowrin kommt nicht zur Ruhe, leidet unter Halluzinationen, immer wieder erscheint ihm ein schwarzer Mönch, mit dem er lange Unterhaltungen führt. "Sprich mir nach", fordert ihn der Mönch auf: "Ich bin ein Genie." Kowrin ist geschmeichelt, denn ein "Strauch", ein "Herdentier" will er nicht sein.
Die Figur des Kowrin lässt Serebrennikov von drei Schauspielern spielen, in drei Sprachen: Deutsch, Englisch und Russisch. Im vierten Teil, der aus der Perspektive des schwarzen Mönchs erzählt wird, ringen alle drei mit ihrer Wahnvorstellung. Vielfach erscheint der schwarze Mönch auf der Bühne, gespiegelt durch Tänzer in langen Kutten.
"Der schwarze Mönch": Furioses multinationales Ensemble
Serebrennikov erzählt mit vielen Mitteln: Der Sonnenaufgang wird von einem großartigen Chor gesungen. Auch die Tänzer und Spieler dieses multinationalen Ensembles sind furios, und die von dem Regisseur selbst gestaltete Bühne nimmt die Geschichte ebenfalls auf: Drei Gewächshäuser, die zunächst die Positionen wechseln, dann skelettiert und schließlich auf den Kopf gestellt werden. Darüber leuchten vier runde Scheiben, mal Mond, mal Projektionsfläche für Gesichter oder wild zuckende schwarz-weiße Graffitis.
Das Publikum hielt es am Ende nicht auf den Sitzen: Jubel und Beifall für das Ensemble und Kirill Serebrennikov. Ein Abend, der die Freiheit der Kunst feiert - und sich die Freiheit nimmt, auch Antworten schuldig zu bleiben. Ein Glück.
Premiere: "Der schwarze Mönch" feiert die Freiheit der Kunst
Der Regisseur Kirill Serebrennikov hatte die Endproben für das Stück am Hamburger Thalia Theater überraschend selbst leiten können.
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