"Heimat": Großes Freilufttheater mitten in Ostfriesland
In Hatshausen in der Nähe von Leer erhebt sich eine Zuschauertribüne für 1.200 Gäste vor einer großen Freilichtbühne. Der Bürgerverein führt da das plattdeutsche Theaterstück "Heimat" auf.
Auf einem nachempfundenen Dorfplatz mit akkuraten Bauernhäuschen spielt das Nachkriegsdrama "Heimat". Zuvor haben sich ein Jahr lang jede Woche vier Dorfbewohner getroffen und die Häuschen gebaut - vom Entwurf bis zur fertigen Kulisse inklusive raffinierter Schiebemechanismen. Karl-Heinz Meyer aus Ayenwolde war mit Spaß dabei: "Wenn man ein Haus in der Scheune gebaut hat und es war fertig und hat funktioniert, wie man es sich vorgestellt hat, da kann man wohl stolz drauf sein", sagt er.
Es gab aber noch weit mehr zu tun. Die Dorfbewohner haben kleine Ackerflächen und Blumenbeete in der Kulisse angelegt und Kleider, Mäntel und Matrosenanzüge im Stil der Nachkriegszeit organisiert. Neben der Bühne auf dem Privatgrundstück von Hinrich Janssen haben sie einen Markt mit liebevoll gestalteten Buden aufgebaut. Vier Wochen lang, erzählt Hinrich Janssen: "Das zeichnet die Dörfer ja aus, dass auf Privatinitiative ja mehr läuft, wie in einer Stadt. Hier läuft das nicht über Geld, sondern über Hand- und Spanndienste, wie wir das früher gesagt haben."
Hälfte der Dorfbewohner von Hatshausen am "Heimat"-Stück beteiligt
Es ist das dritte Theaterstück des Bürgervereins Hatshausen-Ayenwolde in zwanzig Jahren. Eine Aufgabe, die zusammenschweißt, sagt die Vorsitzende Marina Bohlen: "Wir haben hier sowieso eine sehr intakte Nachbarschaft. Jeder hilft jedem. Wir machen viele Feste zusammen aber beim Theater eben auch, dann ist diese Gemeinschaft auch ganz groß geschrieben."
Rund die Hälfte der 600 Einwohner des Dorfes ist am Theater beteiligt. Auch der örtliche Posaunenchor. Dazu kommen 36 Darsteller von dreizehn verschiedenen Bühnen Ostfrieslands für die Hauptrollen, eine davon: der Familienvater Erich Riewe. Seine Familie im Stück flieht aus Pommern nach Ostfriesland. Vater Riewe kommt als Soldat zwei Jahre später nach. Als er seine Frau und Kinder schließlich findet, erlebt er eine schmerzvolle Überraschung, als er nicht erkannt wird. Tochter Paula spricht mittlerweile plattdeutsch, der Vater hochdeutsch. Harald Albrechts aus dem 35 Kilometer entfernten Moorhusen spielt den Vater: "Wenn du von deiner Familie nicht erkannt wirst, das fühlt sich schon so hart an, dass man da automatisch Tränen bekommt. Wenn man sich dann vorstellt, wir spielen hier Theater, aber, dass das in Wirklichkeit auch so ist, dann ist das unfassbar schmerzhaft, was die Menschen hier mitmachen."
"Heimat": Stück wurde schon 2015 geschrieben
Das Stück "Heimat" zeigt eindrucksvoll, wie Geflüchtete in der Nachkriegszeit auf eine arme Landbevölkerung treffen. Die ernste Geschichte wird durch einige komische Szenen aufgelockert. In das Stück sind Berichte von Zeitzeugen eingeflossen, sagt Marina Bohlen: "Unsere Intention war, diese Zeit nicht vergessen zu lassen und uns eben daran zu erinnern, dass so etwas wie Krieg eben nicht wieder sein darf. Wir haben das Stück schon 2015 schreiben lassen und hätten ja eigentlich vor zwei Jahren schon spielen wollen, das ging dann coronabedingt zweimal nicht. Und jetzt ist eigentlich genau das, wo wir sagen wollten, das darf nicht sein, ist passiert."
Das Theater endet mit einem Dorffest. Alle Streitereien sind vorläufig vergessen und auf das Dach eines der Bauernhäuser ist eine Friedenstaube projiziert. Das Publikum belohnt das Ensemble mit stehenden Ovationen.
"Heimat": Großes Freilufttheater mitten in Ostfriesland
Rund 300 Dorfbewohner von Hatshausen haben für das Stück "Heimat" über ein Jahr gebaut und geprobt. Nun hat es Premiere gefeiert.
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- Bühne
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- Ende:
- Ort:
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Freilichtbühne in Hatshausen
Hatshausen - Preis:
- ab 15 Euro