Vier Schauspieler auf der Bühne in "Im Westen nichts Neues" © Pressestelle Theater Vorpommern/ Peter van Heesen Foto: Peter van Heesen
Vier Schauspieler auf der Bühne in "Im Westen nichts Neues" © Pressestelle Theater Vorpommern/ Peter van Heesen Foto: Peter van Heesen
Vier Schauspieler auf der Bühne in "Im Westen nichts Neues" © Pressestelle Theater Vorpommern/ Peter van Heesen Foto: Peter van Heesen
AUDIO: Grauen, Sterben, Krieg: "Im Westen nichts Neues" feiert Premiere (3 Min)

Grauen, Sterben, Krieg: "Im Westen nichts Neues" feiert Premiere

Stand: 20.11.2022 00:01 Uhr

Erich Maria Remarques "Im Westen nichts Neues" ist vor Kurzem erstmals als deutsche Verfilmung erschienen. Am Theater Vorpommern hatte eine Kammerspielfassung des Weltbestsellers Sonnabend Premiere.

von Axel Seitz

Bester Film und Beste Regie: Zwei Oscars bekam der amerikanische Spielfilm "Im Westen nichts Neues" 1930. Dass 2022 erstmals eine deutsche Verfilmung des Romans von Erich Maria Remarque zunächst in den Kinos war und inzwischen bei Netflix zu sehen ist, das spielte bei den Überlegungen für die Greifswalder Inszenierung gar keine Rolle: "Wir haben, als wir über unsere Pläne gesprochen haben, gar nicht nachgedacht über den Film. Der war auch noch gar nicht so präsent", erklärt Dramaturg Oliver Lisewski. "Dass die Premiere so dicht an unserer ist, das wussten wir damals nicht. Allerdings ist das auch gar nicht schlimm, weil das eine ganz andere Erzählung wird als die, die der Film bietet. Ich habe mir den Film ganz bewusst gar nicht angesehen."

"Im Westen nichts Neues" als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine

Der 29-jährige Regisseur Janis Knorr kannte bis vor wenigen Monaten weder die Neuverfilmung noch den Roman: "Das war im Frühjahr diesen Jahres, weil ich in Kontakt war zum Theater Vorpommern - mit Uta Koschel, der Schauspieldirektorin, und Oliver Lisewski, dem Chefdramaturgen. Wir haben einen Stoff überlegt, den wir gerne machen würden. Dann kam von Uta der Vorschlag, ich solle mal den Roman "Im Westen nichts Neues" lesen, den ich zu dem Zeitpunkt noch gar nicht kannte. So war der erste Berührungspunkt, dass ich den gelesen habe und dann relativ schnell gesagt haben: Das will ich unbedingt machen."

Erfahrungsgemäß werden Inszenierungen weit im Voraus geplant, doch in diesem Fall kam die Entscheidung des Theaters Vorpommern erst nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine im vergangenen Februar: "Die Idee hat natürlich mit dem Ausbruch des Krieges ganz konkret zu tun gehabt, dass wir gesagt haben: Wir müssen in dieser Spielzeit auf diesen Vorgang unbedingt reagieren und eine wichtige Position im Spielplan haben", erzählt Lisewski.

Remarques Roman als Kammerspiel am Theater Vorpommern

Natürlich hätten die Vorpommern "Im Westen nichts Neues" auch auf die große Bühne bringen können, doch sie entschieden sich eher für das Kammerspiel, sagt Oliver Lisewski: "Was der Raum in so einem Fall bietet, ist eine sehr direkte Beziehung in die Handlung, in das Thema. Einen Versuch zu machen, jetzt, wo diese weltpolitische Situation so nah an uns herangerückt ist, das in einem Raum stattfinden zu lassen, wo man die Distanzen eigentlich auflöst. Dass man nah am Geschehen ist, dass die Leute da mitten drin sitzen und sind."

Wie kann Krieg auf der Bühne aussehen? Für Regisseur Janis Knorr ist dabei die Sprache besonders wichtig: "Da wir auf der kleinen Bühne sind, haben wir nicht die Mittel - oder auch wie im Film, wo man eine viel größere Bandbreite hat an Realismen, die man aufzeigen kann. Wir haben uns ganz klar dafür entschieden, insbesondere die Frontgeschehnisse über leichte Mittel mit Licht und Musik zu erzählen. Hauptsächlich findet das Frontgeschehen über die Sprache der Schauspieler statt, was dann im Kopf der Zuschauer passiert. Wir supporten das mit den Theatermitteln, die wir zur Verfügung haben, und mit Bildern, die wir mit unserem Bühnenbild bauen. Der Anspruch ist nicht wie bei Netflix, realistisch Krieg darzustellen, darüber zu schockieren oder den Andockpunkt zu finden."

Grauen, Sterben und Krieg auf der Greifswalder Theaterbühne

Ob Erster Weltkrieg 1914 bis 1918 oder der russische Angriffskrieg auf die Ukraine 2022 - im Krieg wiederholt sich alles: "Remarque beschreibt in dem Roman sehr klar Kriegsgeschehnisse und unser Ensemble beschreibt Frontsituationen, während sie selber drinstecken", erklärt Janis Knorr. "Wir haben einen Mittelweg gefunden zwischen eben diesem Beschreibenden, was natürlich den Romancharakter hat, und diesem Erzählenden sowie gleichzeitig Situationen zu finden, aus denen die Schauspieler heraus schöpfen können."

Fünf Akteure - zwei Frauen und drei Männer - als Soldaten erleben in Greifswald auf der Theaterbühne genauso wie die Zuschauer das Grauen, das Sterben, den Krieg. Und darüber ist auch 2022, ähnlich wie am Ende des Romans von Erich Maria Remarque, nichts Neues zu vermelden. Die ersten Vorstellungen in Greifswald von "Im Westen nichts Neues" sind bereits ausverkauft. Karten gibt es noch für die Vorstellung am 30. Dezember und 3. Februar sowie für die Aufführungen in Stralsund und Putbus Anfang nächsten Jahres.

Grauen, Sterben, Krieg: "Im Westen nichts Neues" feiert Premiere

Das Theater Vorpommern bringt Erich Maria Remarques Weltbestseller als Kammerspiel auf die Bühne. Sonnabend war Premiere in Greifswald.

Art:
Bühne
Datum:
Ende:
Ort:
Stadthalle Greifswald
Anklamer Str. 106-108
17489 Greifswald
Preis:
18 Euro
Hinweis:
Ab Januar 2023 gibt es auch Vorführungen im Theater Stralsund und im Theater Putbus
In meinen Kalender eintragen

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassikboulevard | 19.11.2022 | 16:40 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Theater

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mann und Frau sitzen am Tisch und trinken Tee. © NDR Foto: Christian Spielmann

Tee mit Warum - Die Philosophie und wir

Bei einem Becher Tee philosophieren unsere Hosts über die großen Fragen. Denise M‘ Baye und Sebastian Friedrich diskutieren mit Philosophen und Menschen aus dem Alltag. mehr

Mehr Kultur

Flavio Kiener mit Cocktail unter einer Lichterkette © Sinije Kiener / Ohnsorg Theater Foto: Sinije Kiener

"Sommerfest" im Ohnsorg Theater: Ein runder Abend zum Piepen

Mit Leichtigkeit, Mut zum Skurrilen und viel Musik ist dem Ohnsorg ein modernes Stück über ein schweres Thema gelungen. mehr