Goethes "Urfaust" am Schleswig-Holsteinischen Landestheater
Oft wird vergessen, dass es vor Goethes "Faust" noch einen sogenannten "Urfaust" gab. Das Schleswig-Holsteinische Landestheater zeigt das Werk seit dem 29. Januar in Rendsburg, Flensburg, Schleswig und Husum.
Goethes "Faust" ist einer der wichtigsten Texte der deutschen Literatur und eins der am meisten gespielten Theaterstücke: Ein Gelehrter verzweifelt an wissenschaftlicher Erkenntnis und der Unfähigkeit, das Leben zu genießen. Um das zu vereinbaren und um das angehimmelte Gretchen für sich zu gewinnen, geht er einen Pakt mit dem Teufel ein. Oft wird vergessen, dass es zum Stück noch einen sogenannten "Urfaust" gab. Dort sind spätere Szenen nicht enthalten - was das Ganze entschlackt und verständlicher macht. Was übrig bleibt, sind das treibende Spiel von Faust und Mephisto. Und die verzehrende Liebe zu Gretchen. Das alles lässt sich emotional, spannend und zeitgemäß inszenieren - wie das Landestheater Rendsburg am Sonnabend gezeigt hat.
Heinrich Faust: Der unzufriedene Wissenschaftler

So kennt man ihn - wenn auch nicht immer im so lässigen Kostüm aus Leinensakko und Chinohose: Faust, Heinrich Faust. Der Wissenschaftler, der alles studiert hat und doch unzufrieden ist, steht inmitten seiner Texte, Papiere und Aufzeichnungen. Und die Qual ist groß: "Da steh' ich nun, ich armer Tor. Und bin so klug als wie zuvor!" Sebastian Keel hat von Anfang Bock, diese Hauptrolle zu spielen. Zunächst als Grübelnder, Suchender. Aber zu erkennen, "was die Welt im Innersten zusammenhält", ist bald zu wenig. Dafür ist die Lösung aller Probleme, auch der weltlichen, dann doch zu fix auf der Bühne - durch Mephisto, der einfach alles kann. Und wie im späteren "Faust" zieht auch hier ein schwarzer Pudel seine teuflischen Kreise: "Ich bin die Kraft, die stets das Böse will."
Der "Urfaust" komme einfach schneller zur Sache, sagt Regisseurin Milena Paulovics. Denn Mephisto, das sind hier zwei: Der eine ist Dennis Habermehl, der schon wegen seines gemütlichen Aussehens einen kumpelhaften, fast lieben Teufel spielt. Der andere ist Felix Ströbel als der übliche hinterhältige Vertreter. Beide sind perfekt diabolisch, nehmen Faust gern in die Zange und machen derart viel Dampf, dass die drei nach dem Pakt zum unheimlichen Team werden. Und so beginnt dieser "Zug durch die Gemeinde" - musikalisch eingebettet mit Songs, allerfeinstens ausgesucht.
Inszenierung des "Urfaust" unter dem Motto "Rausch"
Auf dem Weg zur Hölle erkennt das Publikum durchaus Szenen aus dem "Faust I", die alle in rascher Folge erzählt werden und aufgrund der Videosequenzen auch als Film wegginge: Auerbachs Keller, Hexenküche, draußen mit Gretchen und so weiter - sowieso Gretchen, die durch Faust erst Mutter und Bruder verliert und dann das gemeinsame Kind ertränkt. Hier ist sie ein gut gezeichnetes naiv-junges Ding in bedingungsloser Liebe.
Während des gesamten Stücks steht wie ein Motto zum "Urfaust" das Wort "Rausch" in übermannshohen weißen Buchstaben auf der Bühne. Die Protagonistinnen und Protagonisten schieben sie vor oder zurück. So wird daraus immer etwas Neues, das zur Szene passt. Diese Inszenierung des "Urfaust" legt die Latte fürs neue Jahr jedenfalls hoch, sehr hoch.
Goethes "Urfaust" am Schleswig-Holsteinischen Landestheater
Goethes "Urfaust" läuft bis Mitte April unter anderem in Flensburg und Schleswig. Premiere war am 29. Januar in Rendsburg.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ende:
- Ort:
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Stadttheater Rendsburg
Hans-Heinrich-Beisenkötter-Platz 1
24768 Rendsburg
- Hinweis:
- Weitere Aufführungen finden in Schleswig (Slesvighus), Flensburg (Stadttheater) und Husum (Husumhus) statt.
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