"Diener zweier Herren" - Cowboyabend mit großer Leichtigkeit
Beim Hamburger Theater Festival glänzt das Gastpiel des Berliner Ensembles "Diener zweier Herren" auf der Reeperbahn: Es verwandelt Goldonis Klassiker mit Cowboys und Humor zu einem Abend voller Leichtigkeit.
Im St. Pauli Theater ist am Wochenende das 14. Hamburger Theaterfestival mit einem Gastspiel des Berliner Ensembles eröffnet worden. Antú Romero Nunes, bis 2019 Hausregisseur am Thalia Theater, hatte dort im Herbst 2021 seine Fassung von Goldonis "Der Diener zweier Herren" herausgebracht - mit einem Ensemble von fünf Schauspielerinnen.
Lisa Hagmeister springt für erkrankte Berliner Kollegin ein
Es ist nicht immer ein gutes Zeichen, wenn der Intendant vor Beginn der Aufführung noch etwas sagen möchte. Deshalb hielt das Publikum im voll besetzten St. Pauli Theater hörbar die Luft an, als Oliver Reese vom Berliner Ensemble die Bühne betrat. Eine der Schauspielerinnen sei kurzfristig erkrankt. Pause. Aber - Lächeln- Lisa Hagmeister vom Thalia Theater, die dort schon viel mit Antú Romero Nunes gearbeitet hat, habe sich bereit erklärt, einzuspringen. Großer Applaus.
Stefanie Reinsperger spielt den Diener zweier Herren: Kurze blonde Locken quellen unter der Kappe hervor, breites Lächeln, blitzende Augen, im Arm trägt sie ein Spielzeuglamm mit Rädern - ein großes Kind.
Der Abend ist in einer Art Englisch-Denglisch gehalten
Von der Bühne fragt sie: "Can you hear me?" Klar kann das Publikum sie hören. Es kann die Worte sogar lesen, in den deutschen Übertiteln. Denn der ganze Abend ist in einer Art Englisch-Denglisch gehalten. Das kam unterschiedlich an. "Die Verhohnepipelung des amerikanischen Englisch war sehr gut gemacht", urteilt ein Besucher.
Goldonis Komödien-Klassiker mit Frauen als Cowboys
Nunes erzählt Goldonis Komödie sehr frei als Western, mit Frauen als Cowboys. Aber was für welche! Im Mund stecken riesige, falsche Zähne, die Fusseln auf dem Kopf können kaum Haar genannt werden: "Ich fand es unglaublich, weil ich das Original eigentlich nicht erkennen konnte. Das ist auch mal toll. Wenn etwas ganz anders gemacht wird, als man es eigentlich erwartet, das fand ich super", freut sich eine Besucherin.
Alle haben Spaß - auch das Ensemble. Nur der Knopf im Ohr verrät die Einspringerin Lisa Hagmeister, das macht sie fantastisch! Constanze Becker, die gleich beide Herren des Dieners spielt, stellt fest, ein Mann zu sein, sei sicherer und irgendwie auch lustig: "Being a man is safer and kind of fun".
"Diener zweier Herren": Schwere Themen mit großer Leichtigkeit

Es ist großartig, wie hier Geschlechterrollen aufgespießt und in Frage gestellt werden, wie mit Leichtigkeit schwere Themen - Fremde, Heimatlosigkeit, Übergriffigkeit - verhandelt werden, wie dabei die Geschichte im Kern erhalten und doch ganz anders erzählt wird. Manchmal treibt Nunes es allerdings arg weit.
Das Publikum feierte diese leichtfüßige Eröffnung des Hamburger Theaterfestivals. "Auch in schwierigen und bedrückenden Zeiten ist es wichtig, zu lachen", begründet Intendant Nikolaus Besch seine Entscheidung, mit dieser Inszenierung zu beginnen.
Fünf weitere Produktionen haben er und sein Team eingeladen, in fast allen glänzen bekannte Schauspielerinnen und Schauspieler: Birgit Minichmayr und Bibiana Beglau liefern sich ein Duell in Schillers "Maria Stuart", Ulrich Matthes gibt Molières "Menschenfeind", Tobias Moretti ist Teil von Sartres "Geschlossener Gesellschaft", zu erleben sind auch Nina Hoss, Burkhart Klaußner und Jens Harzer, Und anders als in den Vorjahren gibt es für alle Vorstellungen noch Karten. Das Hamburger Theaterfestival geht noch bis zum 4. Juni.
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