Balletttänzer tanzen auf einer Bühne © Maria-Helena Buckley Photography
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AUDIO: "Der kleine Prinz" in Schwerin: Zwischen Harry Potter und Rachmaninow (4 Min)

"Der kleine Prinz" in Schwerin: Zwischen Harry Potter und Rachmaninow

Stand: 28.04.2023 10:40 Uhr

Die poetische Sprache von Antoine de Saint-Exupéry macht sein Buch "Der kleine Prinz" zu einem literarischen Klassiker. Das Mecklenburgische Staatstheater bringt das Werk als Ballett mit einer Auftragskomposition auf die Bühne. Am Freitag war die Uraufführung.

von Karin Erichsen

Schon bei den ersten Takten aus dem Orchestergraben wird klar: Die Musik versucht, die Poesie der Sprache, die Schönheit der Bilder von Antoine de Saint-Exupéry in große und effektvolle Klänge zu fassen und in eine farbenreiche, melodische Tonsprache zu übersetzen. Ganz nach den Vorstellungen von Ballettdirektorin Xenia Wiest, die von Anfang an in engem Austausch mit dem Hamburger Komponisten Peer Baierlein stand: "Er hat mich gefragt: Wohin soll die Reise gehen? Ich habe gesagt, es soll eine Mischung aus Harry Potter, Schostakowitsch, John Adams und Rachmaninow sein."

Enge Zusammenarbeit zwischen Komponist und Ballettdirektorin

Genau so lässt sich die Musik zum Tanzabend treffend beschreiben. Die intensive Zusammenarbeit zwischen dem Komponisten und dem Ballettensemble wird auf der Bühne deutlich sichtbar. Jede musikalische Sequenz, jeder Effekt wird dort aufgenommen und in Bewegung verwandelt.

Komposition und Choreografie entstanden synchron, erzählt der Komponist Peer Baierlein: "Es ist so, dass wir täglichen Austausch hatten, Xenia und ich. Ich habe gesagt: Gib mir eine Stimmung, eine Farbe, ein Tempo - und sie hat mir die Szene beschrieben. Sie hat gesagt, was sie braucht, und so habe ich das dann entwickelt."

Die Ballettdirektorin wiederum suchte, trotz freier Interpretation, den engen Anschluss an die Textvorlage von Antoine de Saint-Exupéry: "Ich habe ganz, ganz viel mit dem Buch gearbeitet - mit den Aussagen, was mich am meisten berührt hat oder essenziell war", sagt Wiest. "Insbesondere, weil das eine Adaption ist und nicht ganz genau wie das Buch."

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"Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry als Ballett

Das Ballett spielt auf zwei Handlungsebenen: in der Welt des kleinen Prinzen, der seine Rose liebt und sich auf Abenteuersuche begibt, und in der Welt seines alter Ego, des großen Prinzen, den die Zwänge des Alltags zermürben. Beide gehören für sie zusammen, findet Xenia Wiest: "Es geht ganz oft in unserer heutigen Welt um Status, Macht und Kontrolle, aber nicht um die kleinen Dinge im Leben: so wie der Duft der Blumen, die wunderschönen Schmetterlinge oder die Stimme eines Freundes - Sachen, die Menschen fühlen lassen können. Ich glaube, mit diesem Großwerden vergisst der große Prinz, der wachsende Prinz, was das heißt. Dann begibt er sich auf die Reise - und der kleine Prinz ist aber nicht weg. Er ist trotzdem noch irgendwo bei ihm im Herzen oder im Hinterkopf."

Freie Interpretation zwischen Batman und Harry Potter

Auf der Reise zu sich selbst lockt ein Schlangenmensch den großen Prinzen immer wieder in die verheißungsvollen Welten von Alkohol, Pillen, Partys und anderen Ersatzbefriedigungen. So interpretiert Xenia Wiest die Textvorlage auf eigene Weise: "Es gibt die Rolle der Schlange im Buch, die eigentlich nur sehr, sehr kurz am Ende der Geschichte vorkommt. Ich habe diese Rolle erweitert, sodass diese Schlange die Fäden zieht. Die Schlange ist wie der Gamemaster. Er schlüpft in unterschiedliche Charaktere, um Chaos zu stiften. Das ist so wie der Joker in Batman oder Snape in Harry Potter."

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Uraufführung am Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin

Ob die Schlange das Spiel gewinnt, liegt ganz im Auge des Betrachters. Der Ballettabend lässt diese Frage offen. Das Bühnenbild, das sich problemlos von einem Spiegel in den Mond, in einen Rosengarten verwandeln lässt, stimmt hoffnungsfroh. Es zeigt zum Schluss einen wunderbaren Sternenhimmel.

Die Uraufführung am heutigen Abend ist beinahe ausverkauft - wenige Restkarten sind noch verfügbar. Auch für die nächsten Vorstellungen - zum Beispiel am 30. April oder 5. Mai - gibt es noch Tickets.

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Das Mecklenburgische Staatstheater bringt Antoine de Saint-Exupérys Klassiker als Ballett mit einer Auftragskomposition auf die Bühne. Am Freitag war die Uraufführung.

Art:
Bühne
Datum:
Ende:
Ort:
Mecklenburgisches Staatstheater, Großes Haus
Alter Garten 2
19055 Schwerin
Telefon:
0385 53 00-0
Preis:
ab 9,10 Euro
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Kulturjournal | 27.04.2023 | 19:00 Uhr

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Klassik

Theater

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