"Alle Toten fliegen hoch - Amerika" - Meyerhoffs-Stück am Altonaer Theater
Endlich konnte es raus: Nach zwei Jahren Corona- Aufschub hatte nun das dritte Meyerhoff-Stück am Altonaer Theater in Hamburg Premiere: "Alle Toten fliegen hoch - Amerika" ist der Debütroman des erfolgreichen Schauspielers.
Seit seinem Erscheinen werden dem Mann seine autobiographischen Romane aus den Händen gerissen. In "Alle Toten fliegen hoch" beschreibt Joachim Meyerhoff sein Austauschjahr 1985 in Amerika - liebevoll und mit hinreißendem tragikomischem Witz. Jetzt also das Buch auf der Bühne im Altonaer Theater.
Der 18-jährige Joachim geht nach Amerika. Als Austauschschüler. Seine Sehnsucht ist groß: weg von der Familie aus der Kleinstadt vor den Toren Hamburgs. Weg von manchmal ganz schön gemeinen Brüdern, die den kleinen Joachim auch schon mal testweise gegen die Glasschiebetür laufen lassen. Weg von einem hochgebildeten Psychiater-Vater, der die Deutsche Hitparade genauso kennt wie die Kindertotenlieder von Gustav Mahler und sehr lieb und sehr anstrengend sein kann. Schon eine Tagesfahrt nach Hamburg geht nur mit Abschiedsschmerz.
L.A. als verlockendes Ziel für den jungen Meyerhoff
Wie wahrscheinlich alle Austauschschüler hofft der junge Joachim natürlich auf das coole L.A. oder das sonnige Californien. Daraus wird allerdings so nichts. Er kommt nach Laramie, Wyoming. "Ein ödes ockerfarbenes Viereck auf der Landkarte", wie er frustriert feststellt. Es regieren die Republikaner, jeder zweite Haushalt habe Waffen im Haus, 70 Prozent praktizierende Christen - und weil Joachim beim Aufnahmetest bei Religion "sehr wichtig" angekreuzt hat, muss er drei Mal die Woche in die Kirche mit seinen Gasteltern Hasel und Stan.
Anekdoten, Abgründe, Schicksalsschläge leicht erzählt
Herrlich leicht und voller anrührender Tiefe erzählt Meyerhoff über Anekdoten, Abgründe, Schicksalsschläge.
Während seines Austauschjahres stirbt Joachims Bruder bei einem Autounfall. Er trifft schreiende Lehrer, schwulenfeindliche Basketballtrainer. Die Inszenierung schafft es mit äußerst reduzierten Mitteln - ganz im Meyerhoffschen Sinne - die Rückblicke so einzublenden, dass klar ist: Erinnerungen sind zwar abrufbar, aber jedes Mal erinnert man sich neu - also anders.
Das sehen die Zuschauer genau so: "Erinnern heißt auch Geschichten erfinden - das fand ich sehr schön umgesetzt", meint einer. Als Bühnenbild gibt es nur eine schiebbare große Wand - da hätte sich mancher mehr Lametta gewünscht. "Was ich kritisch sagen würde", so eine andere Stimme zum Stück, "Mir fehlte einfach ein bisschen mehr Effekt – ich habe mich gefreut, über die, die da waren, wie der Vorhang, der runterkam - aber es hätte mehr sein können". Für den richtigen Effekt mussten die Schauspieler und Schauspielerinnen sorgen. Und das, so die Rückmeldung der Besucher, ist offenbar gelungen: "Ich fand das wahnsinng gut gespielt. Es hat einen berührt, sehr humorvoll."
Das ganze Ensemble spielt großartig
Lukas Sperber spielt die Hauptrolle wirklich ganz wunderbar. Beherrscht den üppigen Text und den Wechsel zwischen Erzähler und dann selbst wieder Teil der Geschichte sein geschmeidig und glaubwürdig. Aber das ganze Ensemble spielt toll, fast jede und jeder in mehreren Rollen. Allen voran kriechen einem Nadja Wünsche, unter anderem als Joachims vernachlässigte Freundin und Flavio Kiener, zum Beispiel als schriller Gastbruder Dan, einem praktisch auf den Schoß.
"Alle Toten fliegen hoch - Amerika" - Meyerhoffs-Stück am Altonaer Theater
Endlich konnte es raus: Nach zwei Jahren Corona- Aufschub hatte nun das dritte Meyerhoff-Stück Premiere am Altonaer Theater: "Alle Toten fliegen hoch - Amerika".
- Datum:
- Ort:
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Altonaer Theater
Museumstraße 17
22765 Hamburg - Telefon:
- 040 39905870
- Öffnungszeiten:
- Öffnungszeiten der Tageskasse: Montag bis Samstag 14 - 18 Uhr; die Abendkasse öffnet eine Stunde vor Vorstellungsbeginn.
- Besonderheit:
- 08.05.2022 19:30 (Premiere)
- Hinweis:
- Alle toten fliegen hoch – Amerika
Schauspiel nach dem roman von Joachim Meyerhoff
Bühnenfassung und Regie: Georg Münzel
Mit: Chantal Marie Hallfeldt, Flavio Kiener, Armin Köstler, Anne Schieber, Ole Schloßhauer, Lukas T. Sperber, Jacques Ullrich, Nadja Wünsche
