Ultraläuferin Judith Havers aus Hamburg beim Montane Lapland Arctic Ultra © Linnéa Isaksson @Follow The Sun Photography

Ultraläuferin Havers: 500 km und der Kälte von Lappland getrotzt

Stand: 20.03.2022 22:56 Uhr

Laufen ist Judith Havers' Leben. Der Hamburgerin kann die Herausforderung gar nicht groß genug sein. Der "Montane Lapland Arctic Ultra", 500 Kilometer durchs nördlichste Schweden, war für die Ultraläuferin aber etwas Besonderes.

von Matthias Heidrich und Thorsten Vorbau

Nach 7 Tagen, 10 Stunden und 37 Minuten fiel alles ab von Judith Havers. "Der Körper fährt direkt runter", beschreibt die 44-Jährige ihr Gefühl, als sie die Ziellinie nach dem 500-Kilometer-Rennen durch Eis und Schnee überquerte. "Da ist eine Last von mir abgefallen." Und damit meinte sie nicht ihren Schlitten samt Ausrüstung, den Havers eine gute Woche hinter sich hergezogen hatte.

Die Marketing-Expertin ist schon 200 Kilometer durch die Heide und beim "Ultra Mirage" 100 durch die Wüste in Tunesien gelaufen - da war der "Arctic Ultra" in Lappland, wo es bis zu Minus 30 Grad kalt werden kann, noch einmal etwas anderes. "Da muss man schon Bock drauf haben", sagt sie und muss lachen. Mit ihren bisherigen Rennen hatte das Abenteuer in Schweden wenig zu tun: "Das Ganze hat schon einen Expeditions-Charakter. Man muss gucken: Wo schlafe ich am besten, wann esse ich, wie viel Zeit nehme ich mir, um den Kocher in Gang zu kriegen?"

Mit Schneeschuhen an den Füßen lässt es sich auch nur schwerlich richtig rennen. So wanderte Havers zu Beginn mehr, als dass sie lief. Bis zu 14 Stunden am Tag. Viermal querte die 500-Kilometer-Route den Polarkreis. "Es ist irgendwie surreal, was der Körper leisten kann und mit wie wenig Schlaf man auskommt. Auch wenn das nicht gut ist."

Die einzigartige Natur ganz im Norden Schwedens entschädigte für viele Strapazen. "Ich glaube, ich habe eine ganz gute Balance gefunden zwischen: Ich sauge das alles auf und genieße die Stille und gebe dann aber doch gut Gas."

Nachts in den Daunen-Schlafsack verkrümelt

Dafür brauchte es aber ein bisschen Anlaufzeit. "Am Anfang habe ich gedacht: Das ist alles weiß hier, es gibt ein paar Bäume, aber sonst nur mich in dieser Landschaft", berichtet Havers. "Den ganzen Tag nur mit sich selbst beschäftigt zu sein, ist ganz schön öde. Aber dann wurde das Wetter immer besser und die Natur immer schöner. Das motiviert unheimlich."

"Dieser Lauf ist eine außergewöhnliche Challenge für mich gewesen. Die 500 Kilometer stehen auch auf der Rückseite der Medaille. Wenn ich da draufgucke, bin ich schon ein Stückchen stolz." Judith Havers

Nachts verkrümelte sich die Hamburgerin in ihrem Daunen-Schlafsack, darüber noch ein Biwak-Sack. "Mir war eigentlich nie kalt. Aber es kostet Überwindung, sich da wieder rauszuschälen." Dem inneren Schweinehund ein Schnippchen schlagen, das kann die 44-Jährige gut.

"Polarlichter tanzten am Himmel über mir"

Auf der Zielgerade kam Havers dabei noch einmal die einzigartige Natur zur Hilfe. "Den ganzen letzten Abend hatte ich Polarlichter über mir. Die tanzten am Himmel, als wären sie nur für mich da", erzählt sie und ihre Augen leuchten dabei. "Ich habe angefangen, mit denen zu reden und mich bedankt, dass sie für mich da sind. Wie so eine Lichtershow, die mich ins Ziel begleitet. Das war richtig toll."

Am Ende, nach 7 Tagen, 10 Stunden und 37 Minuten, überquerte Havers als zweite Frau die Ziellinie. "Aber zugleich auch als vorletzte Frau", erklärt die Ultraläuferin mit einem Lachen. "An diesen Events nehmen leider super wenig Frauen teil." Ohnehin schaue man bei solchen Rennen gar nicht so richtig auf die Platzierung.

Vielleicht macht die Hamburgerin das dann im Sommer, wenn die nächste Herausforderung ansteht: 100 Kilometer durch die Bergwelt Österreichs. "2022 geht lauftechnisch erst los", sagt Havers. "Ich merke, dass die Beine schon wieder flitzen wollen."

Weitere Informationen
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Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 18.03.2022 | 19:30 Uhr

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