Nach Ausraster von Zverev: Sympathieträger dringend gesucht
Nach dem Ausraster und der Disqualifikation von Alexander Zverev beim ATP-Turnier in Acapulco ist eine Debatte um respektvolles Verhalten auf dem Platz entbrannt. Mit Rafael Nadal und Roger Federer werden zwei Gentlemen in absehbarer Zeit den Tennis-Zirkus verlassen. Prägt die Generation "Rüpel" den stolzen Sport in den nächsten Jahren?
Toben, Schläger zertrümmern, Schiedsrichter beleidigen - all das ist im Tennis nicht neu. Man denke an den US-Amerikaner John McEnroe, der sich in den 1970er- und 80er-Jahren als Enfant terrible präsentierte - ganz im Gegensatz zu seinem schwedischen Rivalen Björn Borg. Im Jahr 2000 zerstörte der Kroate Goran Ivanisevic in einem Match aus Frust all seine Schläger und konnte nicht mehr weiterspielen. Die US-Amerikanerin Serena Williams stürmte 2009 im Halbfinale der US Open auf eine Linienrichterin zu und beschimpfte diese: "Ich schwöre bei Gott, ich werde diesen Ball nehmen und ihn dir in deinen verdammten Hals stecken, hast du mich verstanden?"
Wutanfall von erschreckender Heftigkeit
Keine Frage: Vorfälle wie diese waren heftig. Doch die Intensität, mit der Zverev - immerhin Deutschlands Sportler des Jahres - auf den Schiedsrichterstuhl eindrosch und den Referee dabei beinahe erwischte, ist erschreckend; auch wenn sich der 24-Jährige, der schon häufiger seine Nerven nicht im Griff hatte und zu Wutanfällen neigt, im Anschluss reumütig entschuldigte.
Nadal setzt auf Lernprozess
In den Augen von Grand-Slam-Rekordchampion Rafael Nadal taugt Zverevs Ausraster als warnendes Negativbeispiel. Der 35-Jährige betonte, dass sich "Millionen von Kindern" am Verhalten der Sportstars orientierten und sie deshalb "mit gutem Beispiel vorangehen" und ein "Minimum an Respekt" zeigen müssten. "Er verdient die Strafe, weil du so auf dem Platz nicht handeln darfst", sagte der Spanier, der nach eigenen Angaben ein gutes Verhältnis zu dem Hamburger hat. Zverev sei normalerweise anders und sich seines Fehlverhaltens bewusst. "Ich hoffe, es ist ein Lernprozess für ihn und für andere junge Spieler, die ihre Nerven verlieren."
Auch Medwedew und Tsitsipas nicht untadelig
Nadal selbst gilt als untadeliger Sportsmann - ebenso wie Roger Federer. Mit ihren 35 und 40 Jahren sind die beiden überragenden Akteure ihres Sports im Spätherbst ihrer Karrieren. Wer in die riesigen Fußstapfen der "großen Drei" treten kann, zu denen außerdem noch der Serbe Novak Djokovic zählt, ist eine der meistgestellten Fragen der Szene. Als legitime Nachfolger gelten neben Zverev der 26-jährige Russe Daniil Medwedew, ab Montag die Nummer eins der Welt, und der 23 Jahre alte Grieche Stefanos Tsitsipas.
Beide sind allerdings ebenfalls schon negativ in Erscheinung getreten: Der Russe beschimpfte erst im Januar im Halbfinale der Australian Open den Schiedsrichter als "dumm und schlecht". Der Grieche schlug 2020 beim ATP Cup im australische Brisbane mit seinem Schläger um sich, traf dabei seinen auf der Bank sitzenden Vater und verspielte damit jede Menge Sympathien.
Schmaler Grat zwischen Rebell und Rüpel
Es ist ein schmaler Grat zwischen häufig gewünschten "echten Typen" und rücksichtslosen Rüpeln. Mit viel Mühe hatte Zverev sein Flegel-Image in den vergangenen Monaten abgelegt. Mit seinem jüngsten Ausraster hat er nun nicht nur sich selbst, sondern dem Ansehen des gesamten Tennissports geschadet. Sympathieträger werden dringend gesucht.
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