Harte Zeiten am Rothenbaum: Was wird aus dem Tennis-Turnier?
Im Wandel der weltweiten Turnierlandschaft droht dem Hamburger Rothenbaum Ungemach. Wieder einmal muss sich die Traditionsveranstaltung der Konkurrenz auch aus dem eigenen Land erwehren. Kann der Deutsche Tennis Bund den Standort retten?
Ungetrübt ist die Vorfreude nicht auf das Comeback am Hamburger Rothenbaum. 44 Jahre ist es her, dass Tennisspielerinnen und Tennisspieler auf den Sandplätzen an der Hallerstraße zuletzt zeitgleich aufgeschlagen haben. Nun ist es wieder so weit. Doch wie lange es die Veranstaltung in dieser außergewöhnlichen Konstellation geben wird, steht in den Sternen.
Zu unterschiedlich sind offenbar die Vorstellungen der ausrichtenden Sandra und Peter Michael Reichel auf der einen und dem Deutschen Tennis Bund (DTB) auf der anderen Seite. Nur in einem Punkt sind sich die "Streithähne" einig: Statements zu dem brisanten Thema sind momentan tabu; über die Zukunft am Rothenbaum soll dem Vernehmen nach erst nach dem Event (16. bis 24. Juli) geredet werden.
Vertrag mit Reichel Group endet 2023
Querelen sind am Rothenbaum offenbar so traditionell wie das Turnier selbst, das erstmals im Jahr 1892 gespielt wurde. Auch 2018, als die Reichel Business Group die Ausrichtung des einstmals zur zweithöchsten Turnier-Kategorie im Welttennis gehörenden Herren-Wettbewerbs übernahm, gab es böses Blut. Der frühere Wimbledonsieger Michael Stich, der das kriselnde und von der ATP 2008 herabgestufte 500er Turnier vor dem Aus gerettet hatte, fühlte sich nach zehn Jahren konsolidierender Arbeit ausgebootet. Auch jetzt will der DTB als Inhaber der Lizenz einen neuen Ausrichter ins Boot holen, wenn der bestehende Fünfjahres-Vertrag mit den Reichels 2023 endet. Duplizität der Ereignisse?
DTB-Präsident: "Wollen in Hamburg bleiben"
"Unsere Aufgabe als DTB ist es, die beste Lösung für den Verband zu finden", so der seit eineinhalb Jahren amtierende DTB-Präsident Dietloff von Arnim im "Hamburger Abendblatt". Aber was ist die beste Lösung für den Rothenbaum? Konzepte liegen in den Schubladen, wie es heißt. Konkrete Vorhaben, Pläne oder bereits getroffene Vereinbarungen bleiben, wenn es sie denn gibt, allerdings hüben wie drüben unter Verschluss. Kein Kommentar!
Die am Sonnabend mit der Qualifikation startende Veranstaltung soll nicht beschädigt werden. Klar scheint im Gespräch mit von Arnim aber, dass es einen Wandel geben wird. Und: "Dass wir in Hamburg bleiben wollen."
Zwei Turniere, zwei Ausrichter?
"Im schönsten Tennis-Stadion der Welt", so von Arnim, das vor zwei Jahren dank maßgeblicher privater Investitionen für rund zehn Millionen Euro renoviert worden ist. Der Corona-Pandemie zum Trotz sollen nun die Fans wieder für Stimmung auf den Rängen sorgen. Ungeachtet der sich rankenden Spekulationen und Gerüchte, die den Rothenbaum wieder einmal vor dem Fallen sehen.
Tatsächlich könnte sich einiges ändern. Denkbar wäre zum Beispiel auch, dass es in zwei Jahren zwei Tennis-Turniere mit zwei unterschiedlichen Veranstaltern in Hamburg gibt. Die Österreicher sind nämlich alleinige Inhaber der Lizenz für das Damen-Turnier. "Grundsätzlich wäre das kein Problem", so Hamburgs Sportstaatsrat Christoph Holstein im "Abendblatt".
Halle bewirbt sich um Rasen-Masters
Was aber passiert, wenn der Turnierkalender im Welt-Tennis bis spätestens 2025 grundlegend reformiert wird? Wenn es der ATP gelingt, zwischen den Grand-Slam-Turnieren in Paris (French Open) und Wimbledon ein zusätzliches Masters-Event einzuführen, das auf Rasen gespielt werden müsste?
Beste Aussichten, diese Lücke zu schließen, dürften sich aus deutscher Sicht wohl die Macher in Halle/Westfalen ausrechnen. Das Rasen-Turnier, das im kommenden Jahr 30. Jubiläum feiert, hat sich seit Jahren als Vorbereitung auf die All England Championships im Londoner Südwesten etabliert und gerade eine offizielle Bewerbung bei der ATP hinterlegt.
Hamburgs Pläne auf Sand gebaut?
"Wir werden für die anvisierte Höherstufung weitere, sehr umfangreiche Investitionen auf der gesamten Anlage vornehmen“, so Turnierchef Ralf Weber, der sich eigenen Angaben zufolge der notwendigen Unterstützung der Stadt Halle insbesondere in puncto Infrastruktur gewiss sein kann. Der Rothenbaum dürfte es als Alternative schwer haben; könnte mit seinen Sandplätzen ohnehin ins Hintertreffen geraten, weil die Veranstaltungen in Rom und Madrid im Vorfeld der French Open als gesetzt gelten.
Von Arnim über Masters-Chance: Alles daransetzen
"Wenn wir die Chance haben, ein Masters-Turnier nach Deutschland zu holen, sollten wir alles daransetzen, es zu versuchen", sagt von Arnim. Die Hoffnungen am Rothenbaum dürften sich derweil in Grenzen halten. Schon das ein oder andere Mal wurden Pläne und Überlegungen in Richtung höhere Kategorie geprüft und dann doch wieder verworfen.
Allein der Aschebelag, die räumlichen Gegebenheiten im Wohngebiet nahe der Alster und die rechtlichen Hindernisse bereiten Probleme. Erinnert sei an die nach langen Auseinandersetzungen mit den Anwohnern genehmigte Nutzung der Anlage an nur wenigen Tagen pro Jahr. Ein Dauerthema in Variationen - auch wenn DTB-Chef von Arnim im Gespräch mit dem NDR meint: "Wir würden gerne in Hamburg wieder ein Masters-Turnier ausrichten."
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