Präsident Oke Göttlich vom Fußball-Zweitligisten FC St. Pauli © IMAGO / Philipp Szyza Foto: Philipp Szyza

St. Pauli: Göttlich fordert 2G "bei allen Akteuren im Fußball"

Stand: 09.11.2021 09:13 Uhr

St.-Pauli-Präsident Oke Göttlich ist ein Mann der klaren Worte. Im NDR Interview spricht er über die angespannte Corona-Lage im Profifußball und fordert eine 2G-Regel für alle Akteure im Profi-Fußball.

Herr Göttlich, Ihr Heimspiel am vergangenen Wochenende gegen den SV Sandhausen musste abgesagt werden, weil es beim SVS insgesamt 18 Corona-Infektionen gab. Auch in anderen Sportarten mehren sich Corona-Ausbrüche innerhalb der Mannschaften. Bereitet Ihnen diese Entwicklung Sorgen?

Oke Göttlich: Ja, insgesamt macht mir die steigende Inzidenz Sorge. Aber man konnte sich darauf gefasst machen, dass die Infektionszahlen im Herbst hochgehen würden. Die Impfungen sind elementar wichtig, um die Verläufe möglichst glimpflich ablaufen zu lassen. Wir müssen alle weiterhin sehr vorsichtig und demütig mit dieser Krankheit umgehen.

Das Spiel gegen Sandhausen war eigentlich als Aufbruch gedacht, denn erstmals mussten die Dauerkarteninhaber bei St. Pauli keine Tagestickets mehr kaufen. Durchkreuzt die Absage jetzt Ihre geplanten Lockerungen?

Göttlich: Nein, wir und auch die Menschen haben in den letzten 18 Monaten gelernt, dass Dinge dazwischenkommen und wir nicht alles perfekt planen können. Wir müssen also flexibel bleiben und uns auf neue Situationen einstellen. Darin ist der FC St. Pauli sehr gut. Die letzten Jahrzehnte haben bewiesen, dass man hier auch in schwierigen Situationen zusammensteht. Ich kann nur sagen: Lasst uns alle noch etwas Geduld haben.

Aber man muss doch feststellen: Eigentlich spricht die allgemeine Lage mit steigenden Infektionszahlen gegen weitere Öffnungen in den Fußballstadien. In anderen Sportarten, wie etwa beim Eishockey, wurden die Hygienemaßnahmen nachgeschärft - fordern Sie so etwas nicht auch im Profifußball?

Göttlich: Jeder stellt Fragen, jeder stellt auch infrage, was richtig und was falsch ist. Aber es gibt kein richtig und kein falsch in dieser Pandemie. Wir müssen dieses Rantasten an Situationen erst einmal wieder lernen. Deswegen haben wir als FC St. Pauli immer gesagt: Selbst unter 2G, wo wir voll auslasten können, schauen wir erst mal, was wir unserer Organisation und den Menschen zumuten können und wollen. Und wir hätten auch gegen Sandhausen das Stadion nicht komplett voll gemacht - obwohl wir es gedurft hätten.

Sie haben die Deutsche Fußball Liga (DFL) dafür kritisiert, dass es bislang keine klare Impfempfehlung für alle Spieler und Funktionäre gibt - sie selbst sind Mitglied im DFL-Präsidium…

Göttlich: Korrekt, damit muss ich auch selbstkritisch umgehen. Ich bin ein klarer Befürworter der 2G-Thematik, weil ich auch zu Veranstaltern hier in unserem Stadtteil einen engen Draht pflege und ich weiß, was deren Existenznöte sind. Aber natürlich ist die 2G-Regel kein Freifahrtsschein.

…2G auf den Rängen, oder auch auf dem Platz?

Göttlich: Ich bin klarer Befürworter für 2G - für sämtliche Akteure im Fußball, für alle.

Beim FC St. Pauli sind Sie bislang verschont geblieben - bislang gab es keinen bestätigten Corona-Fall innerhalb des Teams. Was machen Sie besser als andere Vereine?

Göttlich: Bei uns bekommt nur der Präsident Corona und die anderen nicht - also man nimmt die Sachen auf sich, damit das Team möglichst gesund durch die Saison kommt (lacht).

Das dürfte ja kaum alles sein…

Göttlich: Wir halten uns an die Vorgaben, die das DFL-Konzept vorsieht. Wir haben auch gute Gespräche mit unserem Nachbarn, dem Hamburger SV, und tauschen uns regelmäßig aus. Aber ich kann nur dazu sagen: Wir müssen in der Bundesliga wieder absolut aufmerksam sein.

Corona hat nicht nur eine gesundheitliche und soziale Dimension, sondern auch eine wirtschaftliche. Sie haben im vergangenen Jahr zum ersten Mal nach acht Jahren ein Minus verzeichnet, für dieses Jahr wird ein Fehlbetrag in hohem einstelligen Millionenbereich befürchtet - wie gut wird der FC St. Pauli durch die Krise kommen?

Göttlich: Die Pandemie wird definitiv finanziell ein Leck in unser Konto und unser Eigenkapital schlagen. Das ist so. Und das braucht man auch nicht schönzureden.

Damit es wirtschaftlich wieder läuft, schaden natürlich auch sportliche Erfolge nicht. Die Tabellensituation sieht richtig gut aus für den FC St. Pauli - klopfen Sie sich eigentlich manchmal selbst auf die Schulter und sagen: Glücklicherweise haben wir uns in der vergangenen Saison nicht von Trainer Timo Schultz getrennt, als es sportlich nicht so gut lief?

Göttlich: Nein, hier klopft sich niemand selbst auf die Schulter und genau das wäre auch der erste Punkt, an dem man sagen muss: Obacht, wie behalten wir unsere Spannung und wie bleiben wir als Team so gut zusammen. Wir wollen Fußball spielen, um Spiele zu gewinnen und nicht, um Spiele nicht zu verlieren.

Das bedeutet eben auch, dass man Ansprüche und Ambitionen in Richtung eines Teams formuliert und mit einem Team auf dem Feld antritt, das vor allem aus entwicklungsfähigen Spielern besteht. Da bin ich Timo und unserem Sportchef Andreas Bornemann sehr dankbar. Auch bei uns ist nicht immer alles harmonisch und wir liegen uns nicht in den Armen, weil man mal erfolgreicher Fußball spielt als in den letzten Jahren. Der FC St. Pauli darf nie aufhören, unangenehme Entscheidungen zu treffen.

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Fußball und Tabelle © picture-alliance/ dpa, NDR.de/Screenshot Foto: Patrick Bernard

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Sie haben die Mannschaft zuletzt als Euphoriemaschine bezeichnet - die läuft zurzeit wie geschmiert: Wie glücklich macht Sie das?

Oke Göttlich: Natürlich freue ich mich, dass Dinge, die man sich vorstellt und entwickelt, aufgehen - das ist natürlich wunderschön. Aber eine Entwicklung ist ein Prozess und in dem Moment, wo man zufrieden ist, ist das der erste Rückschritt. Zufriedenheit ist etwas, mit dem man im Profifußball gar nichts gewinnen wird. Es macht zurzeit einfach Spaß, miteinander zu arbeiten und die Leistung täglich auf das Feld zu bringen. Und hoffentlich hat man dabei auch was zu feiern.

Feiern könnte man den Aufstieg…

Oke Göttlich: Feiern könnte man einen Aufstieg - das stimmt. Aber man kann auch die tollen Entwicklungen von hervorragenden Fußballern feiern, die bei uns in den Reihen stehen. Wir sind wirklich sehr happy, dass hier so entwicklungsfähige und tolle Typen für uns kicken und wir haben Bock, die Spieler in ihrer Entwicklung zu begleiten - das ist mega cool.

Das Interview führte Tom Gerntke.

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Sportclub | 07.11.2021 | 22:50 Uhr

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