VIDEO: Oberstaatsanwalt Thorkild Petersen Thrö begründet die Entscheidung (1 Min)

Sylt: Strafbefehl nach Eklat in Pony-Bar - Ermittlungen eingestellt

Stand: 28.04.2025 16:49 Uhr

In Kampen auf Sylt grölen Partygäste rassistische Parolen - das Video aus 2024 sorgte bundesweit für Empörung. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen drei Personen eingestellt, gegen einen Mann wurde ein Strafbefehl erlassen.

Im Mai 2024 singen Partygäste in der Pony-Bar in Kampen auf Sylt zu dem Partysong "L'amour toujours" die Worte "Ausländer raus! Deutschland den Deutschen! Ausländer raus!" Ein Mann hob dazu den rechten Arm, winkte damit und deutete ein Hitlerbärtchen an. Das Video wurde in sozialen Medien hochgeladen und löste eine Debatte in ganz Deutschland aus. Gegen vier Personen wurde danach ermittelt - jetzt teilt die Staatsanwaltschaft Flensburg mit, dass das Ermittlungsverfahren gegen drei Personen eingestellt wurde.

Parolen erfüllen nicht den Straftatbestand

Demnach wird gegen zwei Männer und eine Frau nicht mehr ermittelt. Laut Staatsanwaltschaft hat das Rufen der Parolen nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt. Nach Abschluss der Ermittlungen gebe es keine zweifelsfreien Rückschlüsse darauf, dass sich die Personen aggressiv, missachtend oder feindlich gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen verhalten würden. Dies wäre aber Voraussetzung für den Straftatbestand der Volksverhetzung.

"Es reicht nicht aus, allein die Parole 'Ausländer raus' zu rufen, sondern es sind besondere Umstände dafür erforderlich", sagt der Flensburger Oberstaatsanwalt Thorkild Petersen Thrö zu dem eingestellten Verfahren: "Wenn so etwas im Rahmen eines rechten Aufmarsches geäußert wird, mit klassischen Hitlergruß verbunden, dann könnte man davon ausgehen, dass das dann volksverhetzend ist."

Ausgestreckter Arm und "Hitlerbärtchen" sorgt für Klage gegen 26-Jährigen

Gegen einen dritten Mann hat das Amtsgericht Niebüll (Kreis Nordfriesland) jetzt einen Strafbefehl zur Bewährung erlassen - und damit die öffentliche Klage der Staatsanwaltschaft bestätigt. Der ausgestreckte Arm, mit dem der heute 26-Jährige gewunken habe und die Andeutung des "Hitlerbärtchens" mit den Fingern fällt unter den Straftatbestand des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, so Thorkild Petersen Thrö.

Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor beantragt, den Mann zu verwarnen. Gleichzeitig behält sie sich vor, den Mann zu einer Geldstrafe zu verurteilen, wenn er sich nicht an die Bewährung hält. Als Bewährungsauflage wurde ihm unter anderem auferlegt, 2.500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen.

Rechtsanwalt: Strafe sehr mild ausgefallen

Die Strafe für den 26-jährigen Mann, der den Hitlergruß gezeigt hat, ist sehr mild ausgefallen, sagt der Kieler Rechtsanwalt Björn Elberling auf Nachfrage von NDR Schleswig-Holstein. In den meisten anderen öffentlichen Fällen wäre es wohl nicht zu so niedrigen Auflagen gekommen, sagte der Anwalt.

Die Verwendung des Songs und der Parolen werde von bestimmten rechten Akteuren kampagnenartig betrieben, sagt Elberling: "Das bewusste Eingliedern in eine solche Kampagne von Personen, die das in Zukunft äußern, mag im Einzelfall auch zu einer anderen Entscheidung und zu einer Strafbarkeit führen." Zudem können Rassismus und Hetze nicht allein mit dem Strafrecht bekämpft werden, sagte der Rechtsanwalt: "Ich denke, wenn die nächsten Personen, die in der Disco zu dem Song diese Textzeile singen, wissen, dass sie einfach hochkant rausfliegen, wäre diese Kampagne vielleicht auch schnell beendet."

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 28.04.2025 | 19:30 Uhr

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