Funkkontakt zur ISS: Eutiner Schüler rufen Raumstation

Stand: 04.12.2023 17:02 Uhr

Einmal mit einem Astronauten im Weltall funken und ihm persönliche Fragen stellen - dieser Traum ist für einige Schülerinnen und Schüler des Weber Gymnasiums in Eutin wahr geworden.

von Marina Heller

Verschneite Straßen und eisige Schulwege - während sich am Montagmorgen viele Kinder im Land einen schulfreien Wochenstart wünschen, wartet auf die Schülerinnen und Schüler des Carl-Maria-von-Weber-Gymnasiums in Eutin ein ganz besonderer Schultag. Das Ziel ist ambitioniert: Das Gymnasium will gemeinsam mit Amateurfunkern den Kontakt zur Internationalen Raumstation (ISS) herstellen und mit dem dänischen Astronauten Andreas Enevold Mogensen sprechen, der bereits seit August dieses Jahres auf der ISS im Einsatz ist. 2015 war Mogensen der erste Däne im Weltall und hat zeitweilig das Kommando der Weltraumstation übernommen.

Lange Vorbereitungszeit notwendig

Zum letzten Mal wird die Technik von Wulf-Gerd Traving überprüft. Annika (links) und Leonie (rechts) unterstützen den Amateur Funker dabei. © NDR Foto: Marina Heller
Zum letzten Mal wird die Technik von Amateurfunker Wulf-Gerd Traving überprüft. Annika (links) und Leonie (rechts) unterstützen ihn dabei.

Die Idee, Kontakt zu der 400 Kilometer über Eutin schwebenden Raumstation aufzunehmen, hatte Physik-Lehrerin Talina Rusch. Auf dem Weg zum ersten Funkspruch gab es allerdings einige Stolpersteine zu überwinden. Die Schule musste sich im ersten Schritt offiziell für das Projekt bei der "Amateur Radio on the International Space Station" (ARISS) bewerben. ARISS ermöglicht es Schülern aus aller Welt über Satelliten, Funkkontakt zu Astronauten herzustellen.

"Die harte Arbeit hat sich gelohnt. Unter einer Vielzahl von Bewerbern wurden wir ausgewählt und haben jetzt die Chance, den Kontakt ins Weltall herzustellen", erzählt der Projektleiter und Informatik-Lehrer Tobias Hageleit stolz. Es sei ein besonderes Ereignis und ein ganz besonderer Moment für die Schüler.

Funkantenne auf Schuldach installiert

Bereits vor einer Woche ging es in die heiße Vorbereitungsphase. Der genaue Termin wurde erst kurzfristig bekanntgegeben. Auch, wer von den Astronauten antworten würde, war erst kurze Zeit vorher bekannt. Die Eutiner Ortsverbands-Mitglieder des Deutschen Amateurradioclubs (DARC) bauten vor rund zwei Wochen eine drehbare UKW Antenne auf dem Dach der Schule auf, die mit 145 Megahertz eine Verbindung zur ISS herstellen soll. "Zur Sicherheit haben wir noch eine Ersatzantenne aufgebaut", sagt Amateurfunker Wulf-Gerd Trewing. Es gäbe für den Ernstfall sogar eine autarke Stromversorgung, falls irgendetwas ausfallen sollte.

Amateurfunker aus Eutin unterstützen Projekt

Jana (14) und Linda sind erleichtert, als der Kontakt zur ISS hergestellt wurde. © NDR Foto: Marina Heller
Jana und Linda können es kaum glauben, als sie zum ersten Mal die Stimme des Astronauten von der ISS hören.

Der DARC-Verband unterstützt die Schule mit ihrer Technik, da diese den Funk aus rechtlichen Gründen nicht selbst betreiben darf. "Es gab viele Dinge zu beachten, an die ich vorher nie gedacht hätte. Zum Beispiel durften wir nicht einfach auf das Dach der Schule klettern, um die Antennen aufzubauen. Wir benötigten dafür eine Genehmigung vom Bauamt in Kiel", erzählt Schuleiter Dr. Thomas Eggers von den Hürden, die es im Vorfeld zu überwinden galt.

Zuletzt ist es einer norddeutschen Schule aus Niebüll vor 20 Jahren gelungen, erfolgreich am Projekt teilzunehmen und mit der damaligen Besatzung zu funken.

In der Aula des Weber-Gymnasiums ist eine Stunde vor dem ersten Funkspruch die Anspannung zu spüren. Kabel führen durch die schmalen Gänge der Schule und durch Fenster zur selbst gebauten Antenne auf dem Dach. Die Nerven liegen bei den Beteiligten blank, als wenige Minuten vor der Übertragung die Technik verrückt spielt.

Mogensen antwortet von der ISS

Amateurfunker Wulf-Gerd Traving (links) und Physiklehrer Tobias Hageleit (rechts) sind sichtlich berührt vom Erfolg © NDR Foto: Marina Heller
Wulf-Gerd Traving und Tobias Hageleit liegen sich nach einem erfolgreichen Funkkontakt mit Freudentränen in den Armen.

Um 12.45 Uhr ist es dann aber endlich soweit: Andreas Enevold Mogensen nimmt Kontakt mit der Schule auf, indem er sich mit dem Rufzeichen der Internationalen Raumstation meldet. "DP0ISS copy?", sind die ersten Wörter, die Eutin von der ISS erreichen. Faye und Stella können es kaum glauben, als sie das erste Mal die Stimme des Astronauten hören. "Es war einfach krass! Wir waren alle am Zittern. Ich hätte nicht gedacht, dass ich noch dran kommen würde!", berichten die beiden ganz aufgeregt.

Gemeinsam mit ihren Mitschülern haben Sie sich im Vorfeld die Fragen überlegt, die dem Astronauten gestellt werden sollen. Jonnte (15) wollte zum Beispiel wissen, wie Astronauten ihre Freizeit gestalten. Dabei stellt sich heraus, dass sich die Freizeitgestaltung kaum von seiner eigenen unterscheidet. Mogensen erzählt, dass er seine Freizeit nutzt, um mit seiner Familie zu telefonieren und Filme und Serien zu schauen.

Zehn Minuten hält der Funkkontakt zur ISS an. Zu diesem Zeitpunkt überfliegt die Raumstation Eutin und befindet sich in Reichweite der Antennen. Nachdem das Gespräch beendet ist, bricht großer Jubel in der Aula aus. Lehrer Thomas Eggers ist zum Abschluss sichtlich berührt: "Uns fällt allen ein Stein vom Herzen. Es war eine Meisterleistung von allen Beteiligten. Ich bin unglaublich stolz auf meine Schüler. Wir gehen jetzt erst einmal eine Pizza essen und gemeinsam feiern!"

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Nachrichten für Schleswig-Holstein | 04.12.2023 | 16:00 Uhr

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