Cannabis: Viele Gastronomen wollen das Kiffen nicht erlauben

Stand: 04.04.2024 17:55 Uhr

Das neue Cannabis-Gesetzt erlaubt Marihuana-Konsum für Erwachsene grundsätzlich. Möglich ist das vom Gesetz her auch in Kneipen. Doch die meisten Gastronomiebetriebe wollen es offenbar derzeit nicht erlauben.

von Andrea Schmidt

Grundsätzlich gilt: Jede Kneipe, jedes Restaurant oder jede Diskothek kann selbst bestimmen, ob Kiffen erlaubt ist oder nicht. "Es gilt das Hausrecht", sagt der Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Schleswig-Holstein, Stefan Scholtis. "Wir wundern uns zwar, dass Cannabis freigegeben wird, aber das muss jeder Betrieb selbst entscheiden."

Interessant ist die Frage vor allem für die Locations, in denen bisher schon geraucht werden durfte. Oder auch Restaurants mit Außenterrassen müssen sich nun mit der Frage beschäftigen, ob sie es zulassen, wenn zum Beispiel eine Runde von jungen Erwachsenen beim Bierchen unter freiem Himmel den Joint rumreicht. NDR Schleswig-Holstein hat bei etlichen Betrieben nachgefragt - die grundsätzliche Meinung: Nein, wir möchten das nicht.

Raucherkneipe Gatz auf Sylt: Bei uns nicht erlaubt

Das Gatz in Westerland auf Sylt (Kreis Nordfriesland) zum Beispiel ist seit vielen Jahren eine beliebte Raucherkneipe. Die Inhaber Tomislav Mandic und Nina Müller wollen den Cannabis-Konsum dennoch nicht erlauben. "Dafür sind unsere Räumlichkeiten auch zu klein", sagt Nina Müller. Sprich: Der Geruch würde andere Gäste stören.

Insgesamt scheint die Haltung der Sylter Gastronomen eher ablehnend zu sein. Facebook-Einträge verschiedener Kneipiers zeigen: Kiffen - hier bitte nicht.

Bells Bierstuben: "Will doch keiner haben, den Gestank"

Christian Weißenborn, der auf Sylt die Kneipen "Bells Bierstuben", "Die kleine Auszeit" und "Lister Ecke" führt, sagt, er habe schon "Cannabis verboten-Aufkleber" bestellt. "Will doch keiner haben, den Gestank", schimpft der Gastronom. Auch auf dem Festland finden sich bei einem ersten Überblick keine Betriebe, die ein Herz für Marihuana haben. Mike Eichhorn vom "Eichhorn's" in Risum-Lindholm (Kreis Nordfriesland) will den Joint auch nicht auf seiner Außenterrasse erlauben. "Wir haben in unserem Hotel und auch im Restaurant natürlich auch Kinder. Und das geht dann nicht." Dieselbe Meinung vertreten die Inhaber vom Ocean Eleven in Laboe (Kreis Plön). Das Lokal liegt direkt an der Ostsee und der Strandpromade, wo ständig Kinder unterwegs sind. Deswegen bleibe Kiffen dort "ein echtes no go", macht die Geschäftsführerin Michaela Klippel deutlich.

Eckkneipe in Kiel: "Bin ich dann auch stoned?"

Oft geben Gastronomen auch die Antwort: "Ach, damit habe ich mich noch gar nicht beschäftigt." Eine Gastronomin, die in Kiel drei Raucherkneipen führt, ist zum Beispiel noch unentschlossen und will nun erstmal ihre Stammgäste fragen, was sie von der ganzen Sache halten. Manche sagen auch: drinnen nein, draußen ist es mir egal. Burkhard Sawallisch gehört die Palenke in Kiel, eine Eckkneipe, in der überall geraucht werden darf: "Drinnen Kiffen will ich aber nicht erlauben." Und etwas scherzhaft fügt er hinzu: "Ich weiß ja gar nicht, ob ich dann nicht auch stoned bin, wenn drei Leute am Tresen einen Joint anzünden."

Passiv kiffen - ist das gesundheitsgefährdend?

Cannabis-Pflanzen in einem Gewächshaus © Screenshot
Das Gesetz zur Teil-Legalisierung von Cannabis ist ziemlich schnell gekommen. Noch hat sich nicht jeder Gastronom damit befasst.

Sawallisch spricht damit das Thema "Passiv kiffen" an. Tatsächlich stellt sich ja die Frage, wie gesundheitsgefährdend es ist, wenn am Nebentisch Cannabis konsumiert wird. Bekommt man dann selbst einen gewissen Rausch durch das THC? Drogenforscher Bernd Werse von der Frankfurter Goethe-Universität hält diese Gefahr für eher gering. Entscheidend sei, wie viel im Umfeld tatsächlich gekifft werde. Ein einzelner in einer Kneipe gerauchte Joint habe auf passive Konsumenten wohl keinen Effekt. "Hält man sich allerdings in einem kleinen Raum auf, in dem viele Joints gleichzeitig kursieren, wird man wahrscheinlich auch durch den Passivrauch einen gewissen Rausch abbekommen", sagt der Drogenexperte.

Die Universitäten Mainz und Jena hatten schon vor 14 Jahren eine Studie gemacht. Sie ergab: Der mehrstündige Aufenthalt in einem niederländischen Coffeeshop hat die THC-Werte im Blut von acht nicht kiffenden Probanden nicht ernsthaft erhöht. Die "Passiv-Kiffen-Gefahr" ist offenbar also nicht so hoch.  

Cheyenne-Club Rendsburg will keinen weiteren Kontrollaufwand

Die Frage der Legalisierung von Cannabis stellt sich auch für große Clubs und Discos. Das Cheyenne in Rendsburg (Kreis Rendsburg-Eckernförde) hat sich auf seiner Facebook-Seite ganz klar positioniert: Auch wenn der Besitz und der öffentliche Konsum von Marihuana legalisiert ist, bleibt dies in allen Räumen - auch in den Raucherbereichen - verboten. Und weiter: "Der legale Eigenbesitz von 25 Gramm öffnet alle Türen für illegalen Handel. Wir werden uns diesbezüglich keinen weiteren Kontrollaufwand aufbürden lassen." Für diesen Post gibt es bereits Hunderte "Daumen hoch".

Kiffen auf Schiffen: Reederei sagt Nein

Viele öffentliche Orte scheint es in Schleswig-Holstein also gar nicht zu geben, wo der Joint gern gesehen wird. Wie sieht es zum Beispiel aus auf den Schiffen der Reederei Adler & Eils? "Kiffen ist bei uns nicht erlaubt, weil wir die Gefahren nicht einschätzen können, was mit den bekifften Personen auf hoher See passiert", sagt Geschäftsführer Jannes Piepgras. Noch im Zweifel ist die Deutsche Bahn: Auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein heißt es, der Konzern prüfe derzeit, wie mit Cannabis-Konsum an den Bahnhöfen umgegangen werden soll.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 04.04.2024 | 14:00 Uhr

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