Wirtschaftsminister Meyer will 365-Euro-Ticket für alle
Seit mehr als einer Woche ist Schluss mit dem Neun-Euro-Ticket im Nahverkehr. Der Bund will mit den Ländern über eine "Nachfolgeregelung" sprechen. Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschafts- und Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD) präsentiert einen eigenen Vorschlag - ein ermäßigtes Ganzjahresticket für alle in Mecklenburg-Vorpommern.
Bisher gibt es das 365-Euro-Jahres-Ticket nur für Auszubildende, für Anfang 2023 will es die rot-rote Koalition auch für Senioren einführen. Bus- und Bahnfahren kostet dann für sie pro Tag einen Euro. Die Mittel sind im Landeshaushalt bereits gebucht. Minister Meyer will jetzt Schluss machen mit der eingeschränkten Gültigkeit. Er will das 365-Euro-Ticket auf alle Bürgerinnen und Bürger in Mecklenburg-Vorpommern ausdehnen, das sagte er im Interview mit NDR 1 Radio MV.
Nahverkehrsbetriebe bei Energiekosten entlasten
Im Koalitionsvertrag ist diese Erweiterung nicht vorgesehen. Meyer erklärte, wer das Ticket dann über die Landesgrenze hinaus bundesweit nutzen wolle, für den sei ein Extra-Beitrag fällig. Über die Finanzierung müsse mit dem Bund gesprochen werden. Meyer kündigte einen Vorstoß für die Verkehrsminister-Konferenz Mitte Oktober in Bremen an. Mit Blick auf die Nachfolge-Regelung für das 9-Euro Ticket sagte der SPD-Politiker, Bund und Länder dürften nicht nur eine Ticket-Debatte führen, es müsse auch daran gedacht werden, die Nahverkehrs-Betriebe einschließlich Bahnanbieter bei den steigenden Energiekosten zu entlasten.
Beifall für die Idee kommt vom Koalitionspartner. Linkenfraktionschefin Jeannine Rösler sagte, "ein 365-Euro-Ticket wäre ein wichtiger und richtiger Schritt". Finanzminister Heiko Geue (SPD) erklärte, für das Ticket sei "allein aus dem Land nicht ausreichend Geld da". Eine Finanzierung gehe auch nur "gemeinsam" mit dem Bund. Der müsse zusätzlich Geld geben, um die Bahnangebote zu erweitern.
Forderungen nach Hilfen vom Bund
Meyer forderte außerdem vom Bund konkrete Hilfen für kleinere und mittlere Unternehmen - die Ankündigungen im dritten Entlastungspaket sind ihm zu vage. "Herr Habeck hat da entsprechende Maßnahmen angekündigt, da sind wir sehr gespannt drauf." Auch sein Finanz-Kollege Geue macht "Handlungsbedarf" beim dritten Entlastungspaket aus. Den sieht auch der Koalitionspartner, die Linke. Fraktionschefin Rösler hatte gestern im Landtag noch ganz grundsätzlich Kritik an dem Entlastungspaket angemeldet. Die Maßnahmen würden nicht reichen.
Zustimmung des Landes MV im Bundesrat zeichnet sich ab
Röslers Parteifreundin, Vize-Ministerpräsidentin und Bildungsministerin Simone Oldenburg, meinte heute, die Hilfen würden in die richtige Richtung gehen. Wichtig sei aber ein genereller Energiepreisdeckel, und nicht nur einer für Strom. "Dann sind wirklich wesentliche Sorgen genommen, deshalb muss sich die Bundesregierung zum Energiepreisdeckel durchringen", sagte Oldenburg NDR 1 Radio MV. Oldenburg merkte allerdings an, dass auch die Linke in der Landesregierung dem Paket am Ende zustimmen werde. Ein Ja des Landes im Bundesrat zeichnet sich damit ab.
Extra-Maßnahmen belasten die Landeskasse
Einen allgemeinen Energiepreisdeckel forderte auch Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Dieser Aspekt der Grundversorgung von Bevölkerung und Betrieben fehle im dritten Entlastungspaket des Bundes, sagte die Regierungschefin am Rande der Agrarmesse MeLa. Das Finanzministerium teilte auf Anfrage mit, dass die Extra-Maßnahmen des Bundes auch die Landeskasse belasten würden. "Nach aktuellem Kenntnisstand" sei für die Jahre 2023 und 2024 mit Mehrausgaben von jeweils 300 Millionen Euro zu rechnen. Dies sei der Stand vor der anstehenden Ministerpräsidentenkonferenz, so das Ministerium. Minister Geue meinte, der Bund habe entschieden, "bevor er mit den Länder gesprochen hat". Diese Gespräche werden jetzt nachgeholt und "da werden wir über die Verteilung der Kosten reden".