Das Eingangstor zu einem verlassenen Militärgelände auf dem Bug auf Rügen. © NDR Foto: Screenshot

Wie viel Tourismus verträgt Rügen?

Stand: 10.06.2021 06:22 Uhr

Die Pläne für eines der größten touristischen Projekte Europas polarisieren: Chance für den Norden Rügens versus "Übertourismus" auf der Insel.

von Birgit Vitense, NDR 1 Radio MV

Der jüngste Streit auf der Insel entzündet sich an der Halbinsel Bug ganz im Norden Rügens. Genauer gesagt an einer alten Militärliegenschaft. Vor 20 Jahren war ein komplettes Tourismuskonzept für das Gebiet entwickelt worden, doch es fand sich lange kein Investor. Ende Mai kam die überraschende Nachricht, dass ein Investor gefunden ist. Neun Familien aus Israel wollen für 680 Millionen Euro eines der größten Ferien-Resorts Europas bauen.

Online-Petition gegen das Projekt

Nun regt sich Widerstand auf der Insel. Der Verein "Insula Rugia" hat eine Online-Petition gestartet, um Stimmen gegen das Projekt zu sammeln. Ihr Vorsitzender Hans Knapp möchte damit eine öffentliche Diskussion auslösen. Er ist überzeugt: "Rügen ist bereits jetzt in einer Weise überlaufen und so mit Betten überfrachtet wie kaum eine andere Region in Deutschland, und da muss einfach die Frage gestellt werden, ob eine Planung von vor 20 Jahren heute noch zeitgemäß ist und nicht mindestens auf den Prüfstand muss."

Gemeinde sieht vor allem Entwicklungschance

In Dranske hat man wenig Verständnis für die Aufregung. Das Vorhaben sei schließlich durch alle Gremien gegangen und genehmigt worden. "Wie auch in den letzten Jahren steht die Gemeinde voll hinter dem Projekt", sagt Bürgermeister Lothar Kuhn (Pro Dranske). Viele warten hier darauf, dass es endlich voran geht im Ort. "Dranske hatte 4000 Einwohner. Wir haben jetzt noch 1.123. Und wenn jetzt wirklich 500 Arbeitsplätze entstehen, die müssen ja auch irgendwo wohnen. Das heißt, es muss auch Wohnungsbau in Dranske geben. Und zwar dauerhaft, keine Ferienwohnungen", so Lothar Kuhn.

Vorzeigeprojekt für Ganzjahrestourismus in Deutschland

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Besonders reizvoll für die Planer ist der große Hafen auf der Boddenseite. Dort soll ein Wassersport-Paradies entstehen. Insgesamt sind vier Hotels geplant und knapp 300 Ferienhäuser. Für Verpflegung und Unterhaltung der Urlauber soll alles an Ort und Stelle angeboten werden: zahlreiche Restaurants, eine Therme, ein Kino und ein Künstlerdorf sind geplant. Tom Krause vom Planungsbüro Krause und Bohne will ein Vorzeigeprojekt für Ganzjahrestourismus in Deutschland schaffen. "Umweltschutz ist bei uns ganz weit oben in der Prioritätenliste. Wir haben uns hier zum Ziel gesetzt, diese Halbinsel so sensibel durch den Tourismus neu zu nutzen, dass wir alle nur erdenklichen ökologischen Aspekte einbinden werden. Um damit, so sind wir überzeugt, ein visionäres Projekt in Sachen ökologisches Resort nicht nur in Deutschland - ich glaube sogar in ganz Europa - schaffen zu können."

Tourismusverband sieht Herausforderung für die Insel

Beim Tourismusverband Rügen ist man hin- und hergerissen, sieht das Projekt aber als Herausforderung für die Insel, wie der Vorsitzende Knut Schäfer zusammenfasst: "Wir hoffen auf einen sensiblen Umgang mit einem der schönsten Flecken auf der Insel da oben mit dem Bug. Wir hoffen, dass die Betriebsgesellschaft sich dann auch auf Rügen, in Dranske ansiedelt, damit auch Gewerbesteuereinnahmen in Dranske bleiben." Der Kaufvertrag mit den Investoren aus Israel soll zumindest schon unterzeichnet sein. Anfang Juli soll eines der größten Tourismus-Projekte Europas dann vor Ort auf dem Bug bei einer Veranstaltung offiziell vorgestellt werden.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | 10.06.2021 | 07:00 Uhr

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