Unimedizin Greifswald verklagt eigenen Ex-Finanzchef
Die landeseigene Universitätsmedizin Greifswald (UMG) hat ihren ehemaligen Finanzvorstand Gunter Gotal verklagt. Es geht um millionenschwere Schadenersatzforderungen vor dem Landgericht Stralsund.
Gotal soll für ein riesiges Loch bei den Betriebsrenten der Mitarbeiter verantwortlich sein. Die Klage gegen Gotal hat das zuständige Bildungsministerium auf NDR Anfrage bestätigt. Es ist von einer tickenden Zeitbombe die Rede: Gotal hat 2005 die Verträge mit der Versorgungskasse von Bund und Länder (VBL) gekündigt – angeblich, um Eigenbeiträge der Universitätsmedizin für die Betriebsrente zu sparen. Der neue Anbieter - die Versorgungskasse DUK aus Berlin - verlangte deutlich geringere Eigenanteile vom Arbeitgeber. Schon die Auftragsvergabe an die DUK schien damals zweifelhaft. Der Aufsichtsrat hatte mehrfach Nachfragen, der von Gotals betriebene Zuschlag an die DUK kam erst nach der dritten Ausschreibung zustande.
Neue Verträge waren unzureichend
Ende 2018 wurde dann öffentlich: Die über die DUK abgeführten und angesparten Beiträge waren zwar geringer und belasteten die Bilanz der UMG nicht so stark, aber sie reichten nicht aus, um den Beschäftigten die garantierte Betriebsrente auszuzahlen. Das Ausfall-Risiko wirkte aber nicht sofort, sondern erst verzögert mit dem Renteneintritt der Mitarbeiter. Nach internen Berechnungen summierte sich die Deckungslücke auf 30 Millionen Euro. Geld, das am Ende das Land zuschießen müsste, um die Renten auf der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe auszuzahlen.
Nachfolgerin versuchte, Schaden zu begrenzen
Gotals Nachfolgerin als kaufmännischer Vorstand, Marie Le Claire, kündigte die Verträge mit DUK und kehrte für das Jahr 2019 wieder zum alten Anbieter, der VBL, zurück, um noch größeren Schaden abzuwenden. Gotal hatte die Universitätsmedizin schon Ende 2014 verlassen und ein riesiges Defizit in den Bilanzen der UMG hinterlassen.
Vorwurf: Gotal habe in die eigene Tasche gewirtschaftet
Bei dem Vertrag mit der billigeren DUK soll der Krankenhaus-Manager auch in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Das behauptet ein Rechtsgutachten des Aufsichtsrats, das der NDR einsehen konnte. Es ist auch davon die Rede, dass sich Gotal bei der DUK eine eigene sechsstellige Altersversorgung auszahlen ließ, obwohl er keinen Anspruch auf diese Extra-Rente hatte. Die Uni-Medizin hat ihn deshalb in einem weiteren Verfahren vor dem Landgericht auf Schadenersatz verklagt, es geht um 260.000 Euro.
Schadenersatz-Prozess droht
Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Stralsund bestätigte Ermittlungen gegen Gotal, allerdings seien die im Juli vorläufig eingestellt worden. Man wolle abwarten, wie das Landgericht in dem Schadenersatz-Prozess entscheide. Wenn die Richter feststellen, dass Gotal keinen Anspruch auf die Altersversorgung bei der DUK gehabt hat, dann würde ihm eine Anklage wegen Untreue ins Haus stehen. Außerdem soll der Manager mehrfach auf Kosten der DUK in teuren Hotels in Berlin übernachtet haben - vor dem Vertragsabschluss. Gotals Wirken galt schon zu seiner Amtszeit als merkwürdig. Er war "nebenbei" noch in einer Berater-Firma für Krankenhäuser aktiv.
Bildungsministerium sieht kein Fehlverhalten
Fraglich ist, warum Gotal alle Kontrollgremien offenbar überzeugen konnte und niemand den Vertrag mit DUK verhinderte. Das Bildungsministerium sieht kein Fehlverhalten des Aufsichtsrats. Dessen Leitung hatte bis 2011 der Staatssekretär Udo Michallik (CDU) und anschließend bis 2019 sein Nachfolger Sebastian Schröder (SPD) inne. Es lägen keine Anzeichen für ein Kontrollversagen vor, heißt es auf NDR Anfrage.
Steuerzahler kommt für die Verluste auf
Ex-UMG-Manager Gotal reagierte bisher nicht auf eine Anfrage des NDR. Ein Termin für eine Verhandlung am Landgericht Stralsund ist noch nicht angesetzt. Das Bildungsministerium erklärte, für die Mitarbeiter der UMG ergäben sich keine Verluste. Ihre Betriebsrenten seien sicher, das Land springe im Rahmen der "Gewährträgerhaftung" ein. Das Ministerium formuliert es so: "Für die Anspruchsberechtigten an der Universitätsmedizin besteht daher keinerlei Risiko aus der zu niedrigen Kapitalrückdeckung der DUK-Versicherungen." Übersetzt heißt das: der Steuerzahler springt für die Verluste ein.
