Eine alte Frau mit einer Krücke und Einkaufstrolley geht durch eine Fußgängerstraße. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild/Jens Kalaene

Paritätischer: Armutsquote in Mecklenburg sinkt auf Tiefststand

Stand: 10.03.2023 06:50 Uhr

Obwohl deutschlandweit die Armutsquote im Jahr 2021 gestiegen ist, ist sie in Mecklenburg-Vorpommern zurückgegangen. 18,3 Prozent der Menschen im Land galten nach einem Bericht des Paritätischen Gesamtverbandes als arm - das sind 1,5 Prozentpunkte weniger als noch im Jahr davor.

von Sebastian Giebel

Der Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes stützt sich auf Zahlen aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes. Im Vergleich zu 2013 - dem bisherigen Höchststand - liegt die Armutsquote sogar mehr als fünf Prozentpunkte niedriger. Die geringste Quote hat dabei die Mecklenburgische Seenplatte mit 15,8 Prozent. Gefolgt von Westmecklenburg mit 17,3 Prozent und dem Bereich Mittleres Mecklenburg/Rostock mit 18,2 Prozent. Die höchste Armutsquote hat landesweit Vorpommern mit 20,6 Prozent. Im bundesweiten Vergleich liegt Mecklenburg-Vorpommern auf dem neunten Platz.

Deutschlandweit ist die Armutsquote gestiegen

Laut Armutsbericht des Paritätischen Gesamtverbandes galten in Deutschland 16,9 Prozent der Menschen als arm. Das sind mehr als 14 Millionen Menschen. Im Vergleich zum Jahr zuvor 0,7 Prozentpunkte mehr. Eine höhere Armutsquote wurde bundesweit noch nicht gemessen. Im Vergleich der Bundesländer liegt Bremen an der Spitze mit einer Armutsquote von 28,2 Prozent. Auch wenn die Quote in Bayern mit 12,8 Prozent noch am niedrigsten ist, so sei die Armut laut Bericht vor allem dort gestiegen. Auch in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und im Saarland gebe es mehr Armut. Dagegen sei die Armutsquote in Mecklenburg-Vorpommern auf einen Tiefststand gesunken. 18,3 Prozent - das sind 1,5 Prozentpunkte weniger als 2020.

Definition: Relative Einkommensarmut

Das Statistische Bundesamt und auch dieser Armutsbericht folgen einer bereits fast 40 Jahre alten EU-Konvention, was die Definition und die Berechnung von Armut anbelangt. In Abkehr von einem sogenannten absoluten Armutsbegriff, der Armut an existenziellen Notlagen wie Obdachlosigkeit oder Nahrungsmangel festmacht, ist der Armutsbegriff der EU ein relativer. Arm sind demnach alle, die über so geringe Mittel verfügen, "dass sie von der Lebensweise ausgeschlossen sind, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie leben, als Minimum annehmbar ist", wie es im entsprechenden Kommissionsbericht heißt.
Dieser EU-Konvention folgend zählt dieser Bericht jede Person als einkommensarm, die mit ihrem Einkommen unter 60 Prozent des mittleren Einkommens liegt. Dabei handelt es sich um das gesamte Nettoeinkommen des Haushaltes inklusive Wohngeld, Kindergeld, Kinderzuschlag, anderer Transferleistungen oder sonstiger Zuwendungen.
In Mecklenburg-Vorpommern gilt jemand als arm, wenn er als Einzelperson weniger als 1.100 Euro zur Verfügung hat und bei 4 Personen-Haushalten 2.400 Euro.

(Quelle: Der Paritätische, Armutsforscher Dr. André Knabe)

Corona-Pandemie und Inflation lassen die Armut steigen

Als Gründe für die gestiegene Armut bundesweit gibt der Paritätische Gesamtverband die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und eine gestiegene Inflation an. Entlastungsprogramme in der Inflation würden armutspolitisch weitgehend verpuffen, heißt es in dem Bericht. Hilfspakete in der Pandemie hätten zum Teil geholfen, wie etwa das Kurzarbeitergeld. Für Menschen, die in der Zeit Hartz IV bekommen haben, sei aber fast nichts passiert, so der Paritätische Gesamtverband.

Armutsschwelle: 1.145 Euro im Single-Haushalt

Als Arm gelten in dem Bericht Menschen, deren Gesamt-Nettoeinkommen eine bestimmte Grenze unterschreitet. Laut Armutsbericht liegt die Armutsschwelle bei Singles bei 1.145 Euro, bei kinderlosen Paaren bei 1.718 Euro. Eine Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren gilt bei einem monatlichen Gesamteinkommen von 2.405 Euro als arm. Bei Alleinerziehenden mit zwei Kindern unter 14 Jahren liegt die Armutsschwelle bei 1.833 Euro.

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NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 10.03.2023 | 06:00 Uhr

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