Stand: 03.07.2014 18:00 Uhr

JVA Waldeck: Ministerin sagt Aufklärung zu

von Stefan Ludmann, NDR 1 Radio MV

Baustelle der JVA Waldeck © picture-alliance Foto: Jens Büttner
55 Millionen Euro kostete der Bau der JVA Waldeck die Investoren - das Land zahlt bis zum Ende der Mietzeit mehr als das Doppelte.

Mecklenburg-Vorpommerns Finanzministerin Heike Polzin hat eine umfassende Aufklärung der offenen Fragen zur Finanzierung der JVA Waldeck angekündigt. Die SPD-Politikerin sagte im Gespräch mit NDR 1 Radio MV, sie habe im Ministerium eine Task-Force aus Fachleuten eingesetzt. Diese soll die fragwürdigen Verträge zwischen dem Land und dem Investor auf Unregelmäßigkeiten untersuchen. "Wir haben ein hohes Interesse, das Ganze minutiös aufzuklären", sagte Polzin.

Task-Force soll Aktenberge durchleuchten

Ein Steuerfahnder, ein Jurist und der Greifswalder Wirtschaftsstrafrechtler Wolfgang Joecks sollen die mehr als 40 Aktenordner zu den Waldeck-Verträgen durchleuchten. Es geht dabei um Vorgänge aus den Jahren 1994 und 1996. Das Land und zwei Hamburger Investoren hatten sich damals auf einen Gefängnisneubau in Waldeck bei Rostock geeinigt. Das Land mietete den Bau für jährlich mehr als vier Millionen Euro. Geplant ist eine Laufzeit bis 2026. Das Land kann die JVA demnach in zwölf Jahren für den Zeitwert kaufen - auf diesen Wert müssen sich Land und die Investoren jedoch noch einigen. Wenn aber die Kredite, mit der die JVA am Ende belastet ist höher ausfallen als der Zeitwert, muss das Land diese Restschulden übernehmen. Und die schlagen wegen der Vertragsveränderungen 1996 wohl deutlich höher zu Buche als bisher angenommen. Der wahrscheinliche Grund: Die Investoren haben den Kredit möglicherweise nicht vereinbarungsgemäß getilgt. In den Verträgen zwischen Land und Investoren war dazu offenbar nichts geregelt.

Details der Tilgungen hätten in Verträgen festgeschrieben werden müssen

Der von Polzin beauftragte Greifswalder Gutachter Joecks sagte dem NDR Nordmagazin mit Blick auf die damalige Ministerialbürokratie bereits: "Da hat wohl jemand gepennt und sich über den Tisch ziehen lassen." In den Verträgen hätte die Höhe der jährlichen Tilgung beziehungsweise der Lebensversicherungsprämien festgeschrieben werden müssen. "Damit ich weiß, dass die im Tilgungsplan sind". Ansonsten erklärte Joecks, die Verträge seien nachvollziehbar, das Land habe damals ein modernes Gefängnis gebraucht. Selbst zu bauen, hätte zu lange gedauert und wäre am Ende wohl teurer gewesen.

Ergebnisse der Task-Force noch lange nicht zu erwarten

Auch Polzin verwies auf die damaligen Umstände. Sie habe für diese Zeit zwar "keine politische Verantwortung", aber die Aufgabe im Interesse des Landes, die Entscheidungen möglicherweise noch einmal zu verändern. Polzin will die Verträge auf mögliche Verstöße und Unregelmäßigkeiten abklopfen lassen, um Verbesserungen für das Land herauszuholen. Sie wiederholte aber auch, dass Verträge einzuhalten seien. Die Finanzministerin sicherte zu, "wenn die Informationen sauber recherchiert sind", den Landtag über Ergebnisse zu informieren. Das könne aber noch Monate dauern, die Aktenlage sei unübersichtlich.

Linksfraktion scheiterte mit Dringlichkeitsantrag

Wegen der ungeklärten Fragen verlangt die Opposition schnellere Aufklärung von Polzin. Der Innenexperte der Grünenfraktion, Johannes Saalfeld, fordert, dass das Gutachten von Joecks dem Finanzausschuss vorgelegt wird. Linksfraktionschef Helmut Holter sagte, bislang habe die Landesregierung immer behauptet, der Bau der JVA Waldeck sei auch aus heutiger Sicht wirtschaftlich. Behauptet werde auch, dass die Landesregierung stets alle Möglichkeiten genutzt habe, um positive Vertragsanpassungen zugunsten der Landeskasse herbeizuführen. Offenbar sehe das aber ganz anders aus, sagte Holter. Seine Fraktion scheiterte am Donnerstag jedoch mit einem Dringlichkeitsantrag im Landtag. SPD-Fraktionschef Norbert Nieszery sagte, auch SPD und CDU hätten ein Interesse daran, "die zum Großteil rund 20 Jahre zurückliegenden Vorgänge um die Errichtung der JVA Waldeck lückenlos und umfangreich aufzuklären." Genau das passiere jetzt - deshalb sei eine dringliche Landtagsdebatte dazu nicht nötig.

Weitere Informationen
Luftbild der JVA Waldeck © picture-alliance Foto: Jens Büttner

Waldeck: Der dreckige Millionen-Deal

Über 120 Millionen Euro Miete für einen 55 Millionen Euro teuren Bau: Das Gefängnis in Waldeck ist für das Land Mecklenburg-Vorpommern ein Millionengrab - und für seine Erbauer ein Goldesel. mehr

Konzertsäle, Hotel und Luxuswohnungen unter einem Dach: Die Hamburger Elbphilharmonie galt als Musterbeispiel für die Zusammenarbeit zwischen Staat und privaten Konzernen. Aber die Kosten explodierten auf geschätzte 789 Millionen Euro. © © NDR/Agenda Media

Der geplünderte Staat

Viele Bauvorhaben lässt der Staat von privaten Investoren finanzieren. Doch oft werden sie so nicht günstiger, sondern kosten Steuer-Milliarden. Und niemand kontrolliert das. mehr

Autor
2014, Stefan Ludmann, NDR 1 Radio MV Reporter für Landespolitik © NDR Foto: NDR

Stefan Ludmann

Stefan Ludmann ist Reporter für Landespolitik im Landesfunkhaus Schwerin. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | 03.07.2014 | 17:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Haushaltspolitik

Mehr Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern

Sassnitz-Mukran: Der LNG-Tanker "Arctic Lady" liegt mit einer Ladung LNG im Energie-Terminal "Deutsche Ostsee" neben dem Regasifizierungsschiff "Energos Power". © Stefan Sauer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Stefan Sauer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Pipeline für LNG-Terminal Mukran: Gericht weist Klagen ab

Das Projekt vor Rügen sei angesichts der "fortbestehenden Krise der Gasversorgung" gerechtfertigt, so das Bundesverwaltungsgericht. mehr

Die neue NDR MV App

Ein Smartphone zeigt die Startseite der neuen NDR MV App © NDR Foto: IMAGO. / Bihlmayerfotografie

Mecklenburg-Vorpommern immer dabei - die neue NDR MV App

Artikel, Podcasts, Livestreams: Die NDR MV App ist ganz neu: übersichtlich, kompakt, benutzerfreundlich, aktuell. mehr