Hobby-Züchter befürchten Schaden durch Vogelgrippe-Maßnahmen
Wegen der Vogelgrippe gelten in Vorpommern Stallpflicht und spezielle Hygieneregeln. Die Maßnahmen wirken zwar gegen die weitere Ausbreitung, doch die Halter sorgen sich um das Wohl ihrer Tiere.
Gänse und Enten sind seine Leidenschaft. Seit 60 Jahren züchtet Dietrich Schuchardt aus Barth Wassergeflügel: Schwarze Pommernenten, Sachsenenten, Zwergenten und gescheckte Pommerngänse. Die schneeweißen Gänse mit den grauen Köpfen, Flügeldecken und Flanken seien sein Lebenswerk, erklärt der 79-Jährige stolz. Seine Zucht hat es in DDR-Zeiten sogar über die Grenze in die BRD geschafft. "Dort waren die Pommerngänse zu klein aufgrund von Inzucht", erklärt er.

Dietrich Schuchardt tut es weh, dass seine stattlichen Tiere seit Wochen nicht den wenige Quadratmeter großen Stall verlassen dürfen. "Der ist ja eigentlich nur zum Übernachten gedacht", erklärt der Züchter. "Die Gans ist ein Weidetier, will sich ihr Futter auf der Wiese suchen." Und sie brauche Wasser, um regelmäßig baden zu können.
Doch im gesamten Kreis Vorpommern-Rügen gilt die Einstallpflicht. Ende Oktober wurde hier der erste an der Vogelgrippe verendete Wildvogel in Mecklenburg-Vorpommern gefunden, es war ein Mäusebussard. Weitere Wildvögel folgten, auch Nutztiere infizierten sich. Hobbyhalter und gewerbliche Halter in Mecklenburg-Vorpommern mussten bereits rund 130.000 Tiere töten lassen.
Geflügelpest-Gefahr vom Herbst bis ins Frühjahr
Schon Anfang Oktober warnte das Bundesinstitut für Tiergesundheit auf dem Riems vor der Ausbreitung der Geflügelpest. Damals war das stark krankmachende Virus vom Typ H5N8 immer wieder in Russland und Kasachstan aufgetreten. Mit dem Vogelzug hat es sich in Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland und ganz Europa verbreitet. Der Schutz der Nutztiere vor Kontakten zu Wildvögeln durchs Einstallen und Hygieneregeln sei wichtig, um weitere Ansteckungen zu vermeiden, so der Präsident des Riemser Bundesinstituts für Tiergesundheit, Prof. Thomas Mettenleiter. Wann die Gefahr vorüber ist, sei aktuell unklar. Beim vergangenen Ausbruch der Geflügelpest 2016/17 habe sich der Geflügelpesterreger bis ins späte Frühjahr gehalten.
Tierseuchen-Maßnahmen erschweren die Zucht
Den Rassegeflügelzüchtern macht die Vogelgrippe oder auch Geflügelpest einen dicken Strich durch die Rechnung. Sie fürchten aufgrund der Stallpflicht, die in den Landkreisen komplett oder im Umkreis von größeren Gewässern gilt, um die Gesundheit ihrer Tiere. "Wenn nur wenig Ausgangsmaterial vorhanden ist und das dann keine optimalen Haltungsbedingungen hat mit grüner Wiese und Sonnenschein, wird es im Frühjahr natürlich noch schwieriger, Nachzucht zu erhalten", erklärt der Vorsitzende des Landesverbandes der Rassegeflügelzüchter, Steffen Kraus. Dazu kommt, dass alle wichtigen Ausstellungen, wo wertvolle Zuchttiere begutachtet und ausgetauscht werden, wegen Corona und der Vogelgrippe abgesagt wurden.
Vogelgrippe in Vorpommern Thema beim NDR MV
Auch Landwirtin Chris Bokemeyer-Siems in Saal ist unzufrieden mit der Situation. Ihre Bioland-Hühner laufen normalerweise auf der Weide und gehen nur zum Eier legen, Schlafen und Saufen in den mobilen Hühnerstall. Nun dürfen sie nur noch den Platz unterm Hühnerstall auf Rädern nutzen, um frische Luft zu schnappen (Bild ganz oben). Weil es so eng ist, hat die Landwirtin ihren Hühnerbestand von 440 auf 170 reduziert. Sie wünscht sich, dass sich die Situation möglichst bald wieder entspannt.
Die Vogelgrippe in Vorpommern - das Thema am 10. Dezember, 12 Uhr bei NDR 1 Radio MV, im Nordmagazin, 19.30 Uhr im NDR Fernsehen und in der neuen Folge des Podcasts Dorf-Stadt-Kreis.
