Gutachten: Verfassungsschutz hat mehr als ein Dutzend AfD-Mitglieder im Visier
In dem Gutachten des Verfassungsschutzes zur AfD als gesichert rechtsextremistische Bestrebung spielt auch der Landesverband Mecklenburg-Vorpommern eine Rolle. Insgesamt bringt das Papier 13 Abgeordnete und Funktionäre aus dem Land mit verfassungswidrigen Aktivitäten in Verbindung.
Der Neubrandenburger Bundestagsabgeordnete Enrico Komning ist bereits "Dauerkunde" des Verfassungsschutzes. Wie im ersten Gutachten zur Jungen Alternativen (JA) und dem sogenannten Flügel aus dem Jahr 2019 liefert der Rechtsanwalt, der einer rechtsradikalen Burschenschaft angehört, erneut Belegmaterial. "Verfassungsschutzrelevant" - so die Behörde - seien vor allem seine Aussagen zur Selbstbewaffnung von Anfang 2023. Bürger müssten sich leichter mit Waffen gegen angebliche Migrantengewalt schützen können, weil der Staat das mit seinem Gewaltmonopol nicht mehr schaffe - so werden Interview-Aussagen von Komning wiedergegeben.
Kramer mit verfassungswidrigem Volksverständnis?
Komning wolle wegen eines "Bedrohungsszenarios" das Gewaltmonopol für sich selbst in Anspruch nehmen, schlussfolgert der Verfassungsschutz. Der AfD-Abgeordnete hat auf eine NDR Anfrage bisher nicht reagiert. Auch AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer wird in dem Gutachten erwähnt. Es geht um seine Unterstützung der rechtsextremen JA, die inzwischen aufgelöst ist. Auch Kramers Rede bei einer Pegida-Demonstration in Dresden Mitte April 2024 dient dem Verfassungsschutz als Beleg für rechtsextremistische Bestrebungen der Gesamtpartei. Kramer stützt in den Augen der Behörde mit seinen Aussagen zu "einer sichtbaren Ahnenkette" und der Liebe für "das Eigene" das ethnisch-abstammungsmäßige Volksverständnis der Partei, das mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sei.
Viele Namensnennungen eher beiläufig
Die übrigen Namensnennungen von führenden AfD-Mitgliedern aus Mecklenburg-Vorpommern sind meist beiläufig. Es geht meist um allgemeine Unterstützungen und Solidaritätsbekundungen für die rechtsextreme Junge Alternative. Der Verfassungsschutz stützt sich nahezu komplett auf öffentliche Äußerungen, wie Facebook-Posts oder YouTube-Auftritte. Fraktionschef Kramer nannte das Gutachten "erschreckend dürftig". Er beruft sich auf die Grundrechte. Die angeblichen Belege der Behörde für eine verfassungsfeindliche Gesinnung der AfD bestünden "größtenteils aus politisch missliebigen, aber vollkommen legalen und durch das Grundgesetz geschützten Meinungsäußerungen".
Linke: Beleg für demokratiefeindlichen Charakter
Für die Linksfraktion macht das Gutachten dagegen klar: Die AfD biete Verfassungsfeinden und selbst Rechtsterroristen eine politische Heimat. Die im Gutachten des Bundesamtes für Verfassungsschutz festgehaltenen Aussagen bezeugten "den menschenfeindlichen, rassistischen Charakter der AfD", so der Abgeordnete Michael Noetzel. Das Gutachten belege auch, dass keine nachrichtendienstlichen Mittel erforderlich seien, den demokratiefeindlichen Charakter der AfD zu belegen. Nachweise fänden sich auch in Medien.
Belege für SPD wenig überraschend
Nach Ansicht von SPD-Fraktionschef Julian Barlen belegt das Gutachten Bekanntes: Zahlreiche Spitzenvertreter der AfD würden gezielt Kontakt zu Rechtsextremisten suchen, statt sich abzugrenzen. Auch die rechtsextreme Jugendorganisation JA habe sich stets auf die Unterstützung der AfD-Abgeordneten verlassen können.
In der vergangenen Woche hatte der Verfassungsschutz die Einstufung der AfD als "gesichert rechtsextremistisch" vorläufig ausgesetzt. Diese sogenannte Stillhaltezusage gilt, bis das Verwaltungsgericht Köln über einen Eilantrag der AfD gegen die Einstufung entschieden hat. Die Zusage hat die Behörde abgegeben, obwohl sie die Einstufung weiterhin für gerechtfertigt hält.
