Das Konzert
Montag, 23. Mai 2022, 20:00 bis
22:00 Uhr
Als der junge russische Geiger Dmitry Smirnov im vergangenen Herbst beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD in München mit einem zweiten Preis ausgezeichnet wurde, dachten nur die wenigsten an einen drohenden Krieg in der Ukraine. Eine Jury aus Osnabrück war nach München gereist mit dem Ziel, unter allen Teilnehmenden der vier Wettbewerbsfinale eine besondere Musikerin oder einen besonderen Musiker für den Osnabrücker Musikpreis 2021 herauszufinden. Die Wahl fiel auf den jungen Russen. Die feierliche Preisvergabe in Osnabrück wurde wegen der Pandemie auf das Frühjahr 2022 verschoben.
Für Frieden in der Ukraine
Doch als am 24. Februar das russische Militär in die Ukraine einmarschierte und Krieg führte, war das Entsetzen groß. Auch bei Dmitry Smirnov, der sich von dem Putinischen Krieg distanzierte und in Absprache mit dem Osnabrücker Sinfonieorchester das Programm des Festkonzerts änderte. Ganz im Zeichen des Friedens für die Ukraine sollte der Abend stehen. Zu Beginn: Valentin Silvestrovs "Hymne" aus dem Jahre 2001 und anschließend Silvestrovs Violinkonzert. Silvestrov gehört zu den bedeutendsten noch lebenden Komponisten der Ukraine. Statt Haydns Violinkonzert wurde die Kammersymphonie Nr. 1 für Violine und Orchester des ukrainischen Komponisten Vitalij Hubarenko gespielt. Und zum Finale: Schostakowitschs Achte.
Ein Violinkonzert als Hommage an die Ukraine
Dmitry Smirnov hat dieses Violinkonzert mit Bedacht ausgewählt. Statt sich mit den großen Violinkonzerten von Tschaikowsky, Brahms oder Sibelius in Szene zu setzen, nimmt sich der junge Russe in Silvestrovs Werk deutlich zurück, sieht sich sozusagen gleichberechtigt mit dem Orchester. Hier geht es um Klänge und Klangskulpturen, die beim Zuhören sofort die Schreckensbilder von zerstörten Städten in der Ukraine entstehen lassen. Ein starkes Statement des jungen Russen gegen den Krieg in der Ukraine und für den Frieden in Europa.
Schostakowitschs Antikriegssinfonie
Über Jahrzehnte hinweg hatte Dmitrij Schostakowitsch unter dem Stalin-Regime zu leiden, wusste oftmals zu Beginn eines Tages nicht, ob er den Abend noch erleben werde. Seine "Achte" komponierte er im Sommer 1943 innerhalb von nur 40 Tagen. "Sie solle das Grauen des Krieges widerspiegeln", so sagte man es damals. Doch die staatlichen Behörden in Moskau waren sich da nicht so sicher, welche Grauen der Komponist da musikalisch aufzeigte. Ob es die Grauen des Krieges waren oder vielmehr das Leid der Opfer jedweder Gewalt. So wurde das Werk bereits wenige Jahre später wieder verboten und alle bis dahin produzierten Rundfunkaufnahmen gelöscht. Erst 1956, drei Jahre nach Stalins Tod, wurde die Sinfonie durch eine Aufführung in Moskau rehabilitiert.
Mit Wettbewerbspreisen ausgezeichnet
Dmitry wurde 1994 in St. Petersburg in eine Musikerfamilie geboren und erhielt an der Spezialschule des Staatlichen Konservatoriums St. Petersburg eine umfassende musikalische Ausbildung. Anschließend studierte er an den Hochschulen in Lausanne bei Pavel Vernikov und in Basel bei Rainer Schmidt. In dieser Zeit nahm er an Meisterkursen von Irvine Arditti, Vadim Gluzman und Eberhard Feltz teil. Dmitry Smirnov wurde bei zahlreichen Wettbewerben ausgezeichnet, u.a. 2021 beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD (2. Preis und Osnabrücker Musikpreis), 2018 beim Concours International Long-Thibaud-Crespin sowie mit einem 1. Preis beim Internationalen David Oistrach Violin-Wettbewerb in Moskau.
Eine Sendung von Stephan Sturm.
