Hamburgs Stadtschreiberin: Feine Beobachtungen des Alltags
Hamburg hat eine neue Stadtschreiberin - die 43-jährige Franziska Schubert aus Bremen. Sie ist Schauspielerin und Mutter und freut sich auf den Job.
Träge dümpelt die 'Bergedorf', eine der alten, ausgemusterten Hadag-Fähren, im Museumshafen Övelgönne. Franziska Schubert sitzt auf dem Oberdeck. Vor ihr steht ihr Laptop. Entspannt zurückgelehnt beobachtet sie die Gäste. "Für mich passt vor allen Dingen das Gespräch und die Begegnung mit Menschen. Das miteinander ins Gespräch kommen und zu erfahren, sind es Hamburgerinnen oder Hamburger, sind es Zugereiste, sind es Touristen? Wenn man versucht auf die Körpersprache zu achten, ist das ganz spannend, wenn man so durch Hamburg läuft."
Die 43-jährige Bremerin ist eigentlich Schauspielerin und Mutter von zwei kleinen Kindern. Schon als Teenager hat sie viel geschrieben, erzählt Franziska Schubert. "Ich hatte immer eine Affinität zur Sprache, auch durch diese vielen Rollen, die ich als Schauspielerin gespielt habe, da ist viel Text durch mich durchgegangen. Und dann war irgendwann klar: Da muss auch was Eigenes raus."
Von der Schauspielerin zur Stadtschreiberin
Seit Beginn der Corona-Pandemie hatte sie sich vornehmlich auf das Schreiben konzentriert, denn Engagements gab es kaum noch. Was ihr an Hamburg als Erstes aufgefallen ist: "Das Gefälle zwischen Arm und Reich. Ich komme am Bahnhof an und da ist neben den vielen Menschen, einfach auch schon ein sehr großes Bild von Wohnungsarmut. Als Stadtschreiberin ist mir wichtig, dass ich nicht nur mit den Finanzstarken spreche, sondern auch mit den anderen."
Franziska Schubert begegnet bei ihrer Arbeit interessanten Menschen
Ihre erste Station war im Sommer die Kulturwerkstatt im Harburger Hafen. "Es war sehr heiß, und es waren sehr viele Baustellen, dadurch war es ziemlich leer am Hafen." Aber es gibt hier Rosis Bar, eine alte Kneipe zwischen Industriebrachen. Dort hat Franziska Schuster gesessen und beobachtet. Zum Beispiel die ziemlich betrunkene Familie, in der nur die kleine Tochter klare Augen und einen ebensolchen Verstand hat. Vom Museumshafen Oevelgönne dagegen ist es nicht weit ins reiche Blankenese und zur Waitzstraße im feinen Othmarschen. Auch dort gibt es zufällige Begegnungen, wie mit einer alten Dame. "Die war 90 Jahre alt und hatte vorne an ihrem Fahrrad einen Korb und sammelte Kastanien für die Kinder. Sie schenkte den entgegenkommenden Kindern ein paar Kastanien, weil sie sagt: diese leuchtenden Kinderaugen seien das Schönste für Sie und die freuen sich immer, wenn sie ein paar Kastanien geschenkt bekommen."
Aufgaben einer Stadtschreiberin: Beobachten und darüber schreiben
Das feine Beobachten alltäglicher Situationen und dann darüber schreiben - das ist es, was Franziska Schubert als Hamburger Stadtschreiberin macht, wenn sie sich durch die Stadt treiben lässt. Während sie in Hamburg ist, kümmert sich ihr Mann in Bremen um den Sohn und die Tochter. Ihre nächste Station jetzt im Oktober ist Bergedorf. Dort sitzt sie im City-Center Bergedorf, einem Einkaufszentrum. "Da bin ich echt gespannt drauf. Das soll ein Dialog mit Bürgern werden. Da gibt es Zeiten, wo ich im Einkaufszentrum in einem Raum sitze. Da steht dann vielleicht ein Schild mit der Aufschrift: 'Sprechen Sie mit der Stadtschreiberin. Haben sie Geschichten auf Lager? Kommen Sie rein und teilen die.' Ich finde dieses Gefälle toll. Im November bin ich dann in der Galerie der Gegenwart. Also es gefällt mir schon ziemlich gut."
