Viel Kunst auf viel Fläche: NordArt in Büdelsdorf gestartet
Am Sonnabend hat die NordArt im schleswig-holsteinischen Büdelsdorf begonnen, eine der ungewöhnlichsten Kunstausstellungen in Europa. Jedes Jahr präsentiert sich Kunst aus aller Welt in einer ehemaligen Eisengießerei und einem Skulpturenpark.
Wenn man böse wäre, nur dann, könnte man sagen: Das war doch klar! Der Sechs-Meter-Pinocchio des chinesischen Künstlers LIU Ruowang hat seine Nase so deutlich ausgefahren, da hätte was sein können - in diesem Fall mit dem Gewicht. "Mr. Pinnochio", wie er sich nennt, liegt noch auf dem Hof, steif auf dem Rücken. Kurator Wolfgang Gramm kennt den Grund: "Die Gewichtsangaben für unsere Tragfähigkeit bei den Fahrzeugen waren falsch. Jetzt müssen wir einen Kran haben, was kein Problem ist. Aber es dauert ein paar Stunden, einen Tag."
Es ist in diesem Jahr beim Aufbau knapp geworden, erzählt der Ausstellungsmacher: "Ein Teil hat im Suez oder vor Helgoland gestanden, weil in Hamburg nicht entladen werden konnte, weil dort zu viel Ware gekommen ist. Dann mussten die warten. Sonst hätten wir ihn schon vor einem Monat gehabt."
Letzte Aufbauarbeiten bei der NordArt in Büdelsdorf
So darf sich der chinesische Lügenbold noch neben dem rostigen Überseecontainer ausruhen, aus dem Janusz Pretki mit Gabelstapler offensichtlich schwere Figuren entlädt. Sie sind aus Cortenstahl und schokoladenbraun eingefärbt: "36 menschengroße Figuren aus China: Heute wird abgeladen und ausgepackt - und morgen geht's in den Park", erzählt er.
Auch wenn die Figuren verhüllt sind: Durch die Folie sind Menschen im Alltag zu erkennen. Da telefoniert jemand oder schwingt seine Aktentasche. Ein anderer eilt irgendwo hin. Jede Plastik verlangt Aufmerksamkeit: Wie passen die Gurte? Kann die Staplergabel weiter raus, ohne dass alles kippt? Dass die ihre weite Anreise so gut überstanden haben! Janusz Pretki lacht: "Jede Figur war auf genug Abstand mit Dachlatten in dem Container gesichert."
Bis Mitte Oktober wird die Figurengruppe im Skulpturenpark stehen und ein bizarres Bild abgeben. Eine übergroße, übermächtige und zum Lügen neigende Figur steht in der Mitte, während um sie herum menschliche Protagonisten kreisen: ein durchaus politisches Bild - nicht nur für China.
50 Jahre Diplomatie Deutschland-China: Schwerpunkt auf chinesischer Kunst
Chinas aktuelle Kunst zeigt die NordArt in diesem Jahr in Halle 1 auf einem farbigen Kiesbett. Wolfgang Gramm hat auf seinen Golfcaddy gebeten; anders lässt sich die Riesenfläche hier dauerhaft wohl kaum bereisen: "Wer genau hinguckt, sieht leicht amerikanisierte Aliens am Eingang, Pferde aus der Ming-Dynastie, die in einem Riesengemälde zu finden sind, oder die Überproduktion an Fahrrädern", erzählt er. "Man kann auch abgebrannte Bilder finden. All das kommt aus China"… und präsentiert sich NordArt-typisch groß, geradezu gewaltig. Ein Beleg für die Größe dortiger Museen, erklärt Wolfgang Gramm diese Formate.
Mit ihm geht's zurück in die Carlshütte, der ehemaligen Eisengießerei, in der nur ein Teil von 200 zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern gezeigt wird: "Das eine ist der Länderschwerpunkt Polen und das andere sind unsere Sonderprojekte: die Mongolei mit einem eigenen Pavillon, der Wagenremise, und China: 50 Jahre Diplomatie Deutschland-China."
Querschnitt berühmter polnischer Kunst
Der polnische Pavillon wurde von Jan Wiktor Sienkiewicz, Kunsthistoriker und Professor an der Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń, kuratiert. Mit "Above Borders" gibt er einen Überblick zur modernen und jüngsten Kunst in unserem Nachbarland. Unter den Ausgestellten ist die Bildhauerin und Textilkünstlerin Magdalena Abakanowicz und der große polnische Fotokünstler Tadeusz Rolke. "Wir haben hier einen Querschnitt der berühmten polnischen Künstler, die Ruhm im Ausland gekriegt haben. Es war ein großer Aufwand, dass diese Dinge hergekommen sind. In diesen Zeiten sind logistische Probleme sehr groß."
Aber es hat alles geklappt. Auch der chinesische Pinocchio wird sich noch aufrichten. Morgen wird die NordArt 2022 offiziell eröffnet und läuft bis zum 9. Oktober.
Viel Kunst auf viel Fläche: NordArt in Büdelsdorf gestartet
Seit Sonnabend präsentiert sich Kunst aus aller Welt in einer ehemaligen Eisengießerei und einem Skulpturenpark.
- Art:
- Ausstellung
- Datum:
- Ende:
- Ort:
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Kunstwerk Carlshütte
24782 Büdelsdorf - Telefon:
- (04331) 354 695
- E-Mail:
- info@kunstwerk-carlshuette.de
- Preis:
- 18,50 Euro, ermäßigt 16 Euro, Schüler/innen 6,50 Euro
- Öffnungszeiten:
- Dienstag bis Sonntag: 11-19 Uhr
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