Lena Kaapke kniet inmitten ihrer Ausstellung "Feldforschungen": An den Wänden hinter ihr sind Arbeiten aufgehängt, vor ihr liegen verschiedene Objekte. © NDR Foto: Frank Hajasch
Lena Kaapke kniet inmitten ihrer Ausstellung "Feldforschungen": An den Wänden hinter ihr sind Arbeiten aufgehängt, vor ihr liegen verschiedene Objekte. © NDR Foto: Frank Hajasch
Lena Kaapke kniet inmitten ihrer Ausstellung "Feldforschungen": An den Wänden hinter ihr sind Arbeiten aufgehängt, vor ihr liegen verschiedene Objekte. © NDR Foto: Frank Hajasch
AUDIO: Feldforschungen von Lena Kaapke (4 Min)

Lena Kaapke: Weltenbummlerin und Shooting Star der Keramik

Stand: 28.02.2023 12:02 Uhr

Nicht nur in Schleswig-Holsteins Kunstszene ist Lena Kaapke ein Shooting Star. Die gebürtige Flensburgerin und Weltenbummlerin war an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel und ist international erfolgreich.

von Frank Hajasch

Inzwischen sammeln sich bei der 34-jährigen Künstlerin die Preise und stehen ihre Objekte europaweit in vielen Häusern. Dabei ist Lena Kaapke vor allem für konzeptuelle Keramik-Arbeiten bekannt. Die heutige Kielerin verbindet damit Fragestellungen, die weit über das Material hinausgehen, wie auch jetzt wieder, im Ostholstein-Museum in Eutin, wo ihre Kunst gezeigt wird. Ein Besuch beim Aufbau ihrer Ausstellung "Feldforschungen", die am 2. März eröffnet und bis zum 29. Mai läuft.

Lena Kaapke und das kartografische System hinter ihrer Arbeit

Tafeln mit Glasuren hängen an einer Wand. © NDR Foto: Frank Hajasch
Die Ausstellung "Feldforschung" läuft bis Ende Mai 2023 im Ostholstein-Museum Eutins.

Es ist eine große, weiße, ziemlich dünne Porzellanscheibe, die Lena Kaapke mit vorsichtiger Hand in der Ausstellungshalle bestückt. Drei Meter im Durchmesser, mit Längen- und Breitengraden - wie bei einem Globus. Um eine geografische Verortung geht's denn auch: Sie habe 2013 im englischen Stoke-on-Trent gearbeitet, erzählt die Künstlerin. "Es gibt ein kartografisches System hinter der Arbeit. Die verschiedenen Radien entsprechen immer einem Kilometer in meiner kartografischen Übersetzung, so dass ich ein topografisches Bild von diesem Ort habe, der mal sehr berühmt war. Aus Stoke-on-Trent kam schon Mitte des 18. Jahrhunderts das berühmte Wedgwood-Porzellan."

Lena Kaapke hat ihr MacBook aufgeklappt. Es zeigt eine exakte Anordnung zunächst seltsamer Dinge: alte Metallbügel, farbige Scherben, Holzreste. Das alles arrangiert sie auch hier auf dem Porzellanfeld. "Das sind alles Fundstücke, die ich dort gesammelt habe. Ich habe sie in einem Raster so angelegt, wie ich sie gefunden habe." Sie habe all das gesammelt, was einen Bezug zur Fabrikgeschichte des Ortes haben könne, so die Künstlerin.

"Meine rote Line ist eher das Konzept, weniger die Form"

Kaapkes Werke leben vom Material. Oft sind es keramischen Arbeiten, als Reihe immer gleicher Formen wie Schalen oder Teller. Nur, dass die eben übers Formale hinausgehen. Passt ihre Arbeit "Feldforschung zu Fuß" da rein?: "Meine rote Linie ist eher das Konzept, weniger die Form. Wie die anderen Arbeiten ist das eigentlich eine kartografische Erkundung, die immer was künstlerisch vermisst. In diesem Fall ist es eben die Geschichte des Ortes Stoke-on-Trent."

Bildtafeln, auf denen runde, gemusterte Kreise abgebildet sind, hängen an einer Wand. © NDR Foto: Frank Hajasch
Sehen aus wie Papier, sind aber aus Keramik: diese weiß-roten Bildtafeln von Lena Kaapke.

Lena Kaapke ist eine Weltenbummlerin. Für den Arte Laguna Prize, im März in den Arsenale von Venedig, hat sie eine größere Arbeit verschickt; sie selbst reist nach. Das Werk "Wasser zum Trinken" von 2021 zeigt 194 Krüge und Becher; für jedes Land der Erde genau ein Paar - als Aussage zum Trinkwasserstand. Besucher im Ostholstein-Museum sehen diese Installation leider nur im edlen Katalog.

Dafür gibt's anderes. So stehen auf flachen Podesten drei mal fünf Porzellanschalen, in gleicher Form, ihr dunkles Rot aber 15-fach variiert: "Ich war 2019 nach China eingeladen worden, vom Europäischen Keramik Werkzentrum in den Niederlanden. Hintergrund der Arbeiten war, dass ich eigentlich nicht kommunizieren konnte und dass es deshalb für meine präzisen Arbeiten schwierig war, über Brennprogramme zu reden. Dann habe ich immer eine Schüssel in einem Ofen gebrannt, insgesamt in 15 keramischen Öfen in der Stadt. So habe ich Farbbilder erzeugt, die das Potential einer einzigen keramischen Farbe zeigen."

Wer von oben auf die Installation schaut, könnte an Grafik denken. Dabei bildet das Kreisrunde der Schalen den Rahmen für die Rottöne … So komme das Kostbare der Farbe besser zur Geltung, erklärt Kaapke. Und dann würde man in Schalen immer was reintun. "In diesem Fall wollte ich sie als Träger für eine Botschaft über Keramik. Das ist deshalb interessant, weil man in der Keramik die Farbe nie sieht, während man sie benutzt. Man sieht sie erst nach dem Brennvorgang. Für Künstler ist es dadurch sehr viel anders als in der Malerei, wo man aktiv sieht, wo man welche Farbe hinsetzt."

Glasierte Schalen in Rot- und Brauntönen hängen an einer Wand. © NDR Foto: Frank Hajasch
Glasierte Schalen in Rot- und Brauntönen sind an der Wand der Ausstellung zu sehen.

Das schwarze Granulat lässt seine Farbe erst bei hohen Temperaturen frei, während sie den Brennprozess unterbricht, mit der Hitze spielt - und so ihre Kunst verändert. Noch einen Schritt weiter zum Bildnerischen gehen hauchdünne Porzellantafeln an der Wand, auf denen sich kristallähnliche, tiefrote, runde Oberflächen zeigen, die an Medaillons erinnern.

Hier gehe es mehr um das grafische Potential einer Farbe, erklärt die Künstlerin, bei den Schalen seien es die farblichen Nuancen. Dass diese Bildträger dann aber doch wie Papier aussehen!? Lena Kaapke lacht. "Es sieht nur aus wie Papier, aber es ist Porzellan. Ich wollte, dass es diese Leichtigkeit von Papier hat - damit die Leute sofort an Malerei denken, während sie bei Schalen sofort an Angewandte Kunst denken," sagt sie - und geht wieder rüber an ihre runde Porzellanplatte - zur alten Industriestadt Stoke-on-Trent und deren langer Geschichte mit Keramik.

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Lena Kaapke: Weltenbummlerin und Shooting Star der Keramik

Von März bis Ende Mai ist die Porzellan-Kunst der Flensburgerin im Ostholstein-Museum Eutins zu sehen. Ein Besuch beim Aufbau der Ausstellung.

Art:
Ausstellung
Datum:
Ende:
Ort:
Ostholstein-Museum Eutin
Schlossplatz 1
23701 Eutin
Telefon:
04521 788 520
E-Mail:
info@oh-museum.de
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag/Feiertag: 11-17 Uhr
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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Matinee | 28.02.2023 | 14:20 Uhr

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