Frauenbild im Netz: Neue Medien, alte Klischees
Instagram, Youtube, Snapchat - das sind die Plattformen, auf denen sich zumeist junge Menschen am liebsten präsentieren. Fotos und Videos von ihrem Lieblingsessen oder ihren Lieblingsklamotten. Hauptsache, sie bekommen viel Beachtung. Manche Influencer verdienen über Werbung dann auch sehr viel Geld damit. Aber nur, wenn sie bestimmte Regeln beachten. Und auch wenn Social Media so modern und zeitgemäß anmutet - bezogen auf die Geschlechterrollen im Netz fühlt man sich zurück in die 1950er-Jahre versetzt.
Das Ergebnis der von der MaLisa Stiftung veröffentlichten Studie zur "Weiblichen Selbstinszenierung in den sozialen Medien" ist ernüchternd. Digitale Kanäle wie Youtube und Instagram sind dominiert von Männern: Fast 70 Prozent aller Youtuber und Instagrammer sind männlich, nur etwa 30 Prozent weiblich.
Dabei bedienen die Influencer Rollenklischees wie zu Großmutters Zeiten: Frauen geben Koch- und Modetipps, Männer sind für Technik und Unterhaltung zuständig. "Problematisch ist, dass der Korridor so eng ist und Frauen nur damit sichtbar werden", sagt Sozialwissenschaftlerin Karin Heisecke, die die MaLisa Stiftung leitet. "Wir würden uns wünschen, dass alles, was Mädchen auch können wie etwa Games, Politik, Musik, technische Fächer und Mathe gleichermaßen sichtbar wird."
Pink, Pink, Pink - Mehr Reichweite durch Rollenklischees
Caroline Preuss leitete bis vor kurzem den Bastelkanal Madmoisell mit fast 70.000 Followern auf Youtube. Sie beklebte Notizbücher, bemalte Tassen mit Nagellack und stellte Ordner aus bunter Pappe her. Ihre Zielgruppe: Mädchen zwischen 5 und 15 Jahren. Das rosa Sofa, der blaue Tisch, das gelbe T-Shirt, die türkisfarbene Haarschleife, die Wand-Deko in Knallfarben und immer wieder pink, pink, pink: Caroline Preuss hat für ihre Videos eine extra Farbwelt erfunden - speziell für Mädchen.
"Ich habe früher viele Sachen gewerkelt, einen Beistelltisch aus Kupferstangen zum Beispiel. Dann habe ich gemerkt: die bunten Sachen, die rosafarbenen Sachen, die kommen halt besser an", sagt die 23-Jährige. Mehr Klicks bedeuten für Caroline Preuss auch: mehr Geld. Denn Werbepartner schalten zur Zielgruppe passende Anzeigen vor und während der Youtube-Videos. Auch deshalb sprach Caroline Preuss vor allem Mädchen an.
Irrealer Schönheitsdruck und Hasskommentare
Ein weiteres Ergebnis der Studie: Frauen werden viel stärker als Männer auf ihren Körper reduziert. "Man arbeitet heutzutage mit einem Bild, dass sich nicht mehr an einer kleinen Gruppe wie Topmodels orientiert, sondern dass an Bildern, die es im wahren Leben überhaupt nicht gibt", sagt Karin Heisecke. Die meisten Instagrammerinnen retuschieren ihre Fotos, indem sie die Beine länger, die Taille schmaler, die Augen größer, die Zähne weißer machen.
Wer sich diesem irrealen Schönheitsdruck nicht unterwerfe, bekommt böse Hasskommentare. Youtuberin Caroline Preuss hat das zu spüren bekommen, denn sie machte ihre Bilder zwar bunter, um eine bestimmte Zielgruppe zu erreichen, optimierte aber nicht ihren Körper am Bildschirm. Das gefiel einigen Nutzern überhaupt nicht. "Das Feedback war immer so: Deine Nase ist hässlich, deine Fresse ist hässlich, deine Zähne sind ekelhaft gelb", erklärt Preuss. Unter anderem wegen solcher Kommentare hat Preuss ihren Youtube-Kanal nun aufgegeben und gibt Online-Kurse zur Selbstvermarktung. Darin erklärt sie, wie sich mehr Follower gewinnen lassen - die klassischen Rollenmuster stellt sie dabei allerdings nicht infrage.
Snapchat-Dismorphia: Vom Virtuellen zur Realität
In den USA zeige sich bereits, wohin das absurd geschönte Körperbild auf den Bildschirmen führen kann, sagt Heisecke. "Junge Frauen - 13, 14, 15 Jahre alt -, die auf Snapchat ihre Bilder manipulieren, wollen eine Schönheitsoperation in diesem jungen Alter, damit ihre Nase so aussieht, wie auf ihrem Bild", erklärt die Sozialwissenschaftlerin. Das Phänomen sei bereits medizinisch anerkannt und habe auch einen Namen: Snapchat-Dismorphia.
Das eigene, durch digitale Filter geschönte Foto auf einer virtuellen Kurznachrichtenplattform wird zur Grundlage für ein neues Körperbild - schöne neue Social-Media-Welt.
