Tanztheater "Graces" in Hannover - wie übermütige Kinder
Die italienische Choreographin Silvia Gribaudi war am Dienstag beim TanzTheater International zu Gast. In ihren Stücken beschäftigt sie sich mit Körperformen, oft jenseits der Norm. "Graces" wurde als Deutsche Erstaufführung in Hannover gezeigt.
Vier Menschen kommen in schwarzen Badeklamotten auf die Bühne, drei Männer mit nahezu adonishaften Körpern und eine Frau. Sie ist fülliger, trägt also ein bisschen Speck mit sich herum, so bezeichnet es die Choreographin und Tänzerin Silvia Gribaudi zumindest selbst. Das Licht im Saal bleibt erstmal noch an - denn die Vier auf der Bühne suchen den Kontakt zum Publikum.
"Was wollen die von uns? Sollen wir, die wir im Publikum sitzen jetzt Konversation betreiben? Und wenn ja, wer fängt an? Wer übernimmt? Wie viele sind bereit, sich zu beteiligen?" Zitat aus "Graces"
Unangenehme Situationen fördern die Gemeinschaft
Fragen wie "Was ist Schönheit" werden in den Raum geworfen. Mal soll das Publikum Antworten finden, mal in die Diskussion gehen, dann auch noch singen. Diese unangenehme Atmosphäre, die da geschaffen wird, diese Irritation, ist gewollt. "Wenn wir uns in einer Situation wiederfinden, in der wir uns unwohl fühlen, gibt uns das die Möglichkeit, als Gemeinschaft zusammenzufinden, eine unsichtbare Verbindung zu schaffen", sagt Silvia Gribaudi nach der Show. "Das habe für sie viel mit Schönheit zu tun. Dass sich dabei einige Menschen verloren vorkommen, gehöre unbedingt dazu."
"Graces": Von Aerobic bis Boxkampf
Es geht im Stück "Graces" also nicht allein um die Schönheit oder Unvollkommenheit des Körpers: Auch das Zwischenmenschliche wird auf Unzulänglichkeiten hin untersucht. Was die Körper angeht, so werden sie mit einer Aerobic-Einheit erstmal in Schwung gebracht. Dabei driftet die Gruppe immer mehr ab in einen Mix aus Boxkampf-Gehabe und Ballett-Attitüde. Die Körper schwitzen und glänzen jetzt.
Wie eine bewegliche Marmorskulptur finden die drei männlichen Grazien - eine Anspielung auf die drei Töchter des Zeus - und die graziöse Gribaudi immer wieder zu Posen zusammen. Statt Feigenblätter kommen bunte Kunstblumen zum Einsatz. Wo sonst Achselhaare wachsen, wuchern plötzlich rote Nelken.
Ansteckende Fröhlichkeit
Es geht Silvia Gribaudi nicht um Slapstick. Auch nicht um das Weglachen der eigenen Unbeholfenheit. Choreographisch interessiert sie sich fürs Timing, den Rhythmus von Bewegung, Gestik und Gelächter. Am Ende gibt das Quartett ein skurriles Wasserballett zum Besten: Das Wasser aus den Trinkflaschen wird großzügig auf der Bühne verteilt. Wie Seehunde, bäuchlings, rutschen die vier über die Bühne, drehen sich wild auf den Pobacken - kurz: Sie benehmen sich wie übermütige Kinder. Diese Fröhlichkeit muss nicht ansteckend sein, sagt die Italienerin, aber sie kann.
Am Donnerstag ist das Ensemble um Choreographin Silvia Gribaudi noch mit der Produktion "Monjour" zu sehen - ab 20 Uhr in der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover.
Tanztheater "Graces" in Hannover - wie übermütige Kinder
Die italienische Choreographin Silvia Gribaudi inszeniert ein Stück übermäßiger Fröhlichkeit mit vielen interaktiven Elementen.
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