Leidenschaftlicher Tanz: "The Seven Sins" in Wolfsburg
Das Tanzensemble Gauthier Dance Company gastiert im Scharoun Theater Wolfsburg mit der Produktion "The Seven Sins". Jede der sieben Todsünden wurde von einer anderen Choreographin bzw. einem anderen Choreographen umgesetzt.
Ein in sich windender Menschenknäuel. Raubtierhaft lösen sich Hände, Arme und Köpfe aus der Masse. Die Menschen gieren nach den Geldscheinen, die am Bühnenrand liegen - nah des Abgrunds. Wann bringt uns der Kapitalismus zu Fall? Noch regiert Geld die Welt. Dieses Geld, die Scheine, werden schon bald zur zweiten Haut der Tänzerinnen und Tänzer.
Mit der Habgier beginnt der Abend. Umgesetzt vom Belgier Sidi Larbi Cherkaoui, erklärt Eric Gauthier, Leiter von Gauthier Dance: "Es ist so ein schönes Bild, wenn die Tänzer sich zu Geldmonstern transformieren. Dieser Haufen Geld, da gibt es Handschuhe, bedruckt mit Geldscheinen und Masken - und irgendwann sind die keine Menschen mehr."
Choreografien voller Kraft und Sinnlichkeit
Eric Gauthier hatte die Idee zu "The Seven Sins", ein Projekt, das wie fast alles, was der Kanadier macht, ein bisschen größenwahnsinnig erscheint. Vier Choreografen und drei Choreografinnen, findet Gauthier: "La Crème de la Crème und jeder von diesen Choreografen hat eine Sünde bekommen."
Im Stück der Israelin Sharon Eyal umtrippeln sich drei Tänzerinnen auf halber Spitze, scheinbar harmonisch und unschuldig. Doch die Fassade bröckelt schnell. Kleine Gesten und Blicke verraten: Alle drei sind von Neid zerfressen. Sag bloß, die andere tanzt besser als ich? Alles andere als subtil, setzt Sasha Waltz "ihre" Sünde um. Ihre beiden Tänzer springen sich an, schreien einander ins Gesicht - ein Brüllen aus den Tiefen des Brustkorbs. Brachial, ja frontal schlägt einem dieser Zorn entgegen.
Völlerei, Wollust und Hochmut tänzerisch übersetzt
Marco Goecke, Ballettdirektor in Hannover, hat sich der Völlerei angenommen und ein Solo für einen Mann kreiert - die Bewegungen gewohnt schnell, flirrend und zuckend, das Gesicht fratzenhaft. Der Tänzer windet sich. "Er sieht aus wie der junge Freddie Mercury", beschreibt Eric Gauthier die Szene. "Das hat super zur Vision von Marcos Völlerei gepasst. Denn Völlerei ist bei ihm Sex, Drugs and Rock´n´Roll. Der tanzt das eigentlich bis zu seinem Ende. Das ist sehr stark."
Nach dem Solo: zehn Tänzerinnen und Tänzer, die nicht wissen, wohin mit ihren Augen, Händen und Zungen. Da ist dieses Verlangen, doch sie sollen nicht. Hofesh Shechter, in Jerusalem geboren, interessiert sich nicht so sehr für die Sündhaftigkeit der Wolllust, sondern für den Konflikt, den diese Lust in uns auslöst.
Der Spanier Marcos Morau lässt fünf Frauen in beeindruckender Überlegenheit über die Bühne stolzieren. Zweifel sind ihnen fremd. Der Hochmut schnürt ihnen die azurblauen Kleider bis zum Hals zu.
Faulheit: "Das schwierigste Stück"
Eine Sünde wollte übrigens erstmal niemand haben: die Faulheit. Doch Eric Gauthier wusste, wen er dafür haben wollte: "Da war die Kanadierin Aszure Barton, die gleich die Herausforderung angenommen hat. Und die hat ein wunderschönes Duett für zwei Männer gemacht - dieses Duett ist richtig tough. Das ist eigentlich das schwierigste Stück in dem Programm, denn die tanzen die ganze Zeit in Slow-Motion, drehen sich auf dem Kopf in Slow-Motion. Es ist richtig verrückt." Eine Sünde, wer diesen Abend verpasst.
Leidenschaftlicher Tanz: "The Seven Sins" in Wolfsburg
Das Tanzensemble Gauthier Dance Company setzt am Scharoun Theater Wolfsburg die sieben Todsünden tänzerisch um.
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Scharoun Theater Wolfsbur
Klieverhagen 50
38440 Wolfsburg