Enorm verdichtet: Ibsens "Wildente" im Thalia Theater
Der isländische Regisseur Thorleifur Örn Arnarsson hat erstmals am Hamburger Thalia Theater inszeniert. "Die Wildente oder der Kampf um die Wahrheit" hat jetzt Premiere gefeiert.
Schwarze Palmen am schwarzen Pool, im Hintergrund ein bonbonfarbener Sonnenuntergang auf der Bühne im Thalia Theater. In diesem düsteren, gleichzeitig sehr künstlich wirkenden Setting bringt Thorleifur Örn Arnarsson gleich zwei Ibsen-Stücke zusammen: "Die Wildente" und den "Volksfeind". Das klappt ziemlich gut, denn in beiden steht "der Kampf um die Wahrheit" im Mittelpunkt:
Wir können nicht ewig vor der Wahrheit davonlaufen. Ich war zu feige mich Vater entgegenzustellen. Aber damit ist jetzt Schluss. Ich kann nicht zusehen, wie sich die Fäulnis, die von uns ausgeht, weiterverbreitet. Zitat aus "Die Wildente oder der Kampf um die Wahrheit"
Deshalb wird Gregers Werle zum einen seinen Jugendfreund darüber aufklären, dass dessen Tochter Hedwig vermutlich einen anderen Vater hat, zum anderen eine Untersuchung veröffentlichen, die beweist, dass das Badewasser in der Stadt verseucht ist.
Arnarssons Geschichten greifen gut ineinander
Beide Geschichten greifen gut ineinander, so eng sind Gregers Werle und der Badearzt Thomas Stockmann aus dem "Volksfeind" verwandt, zwei Perspektiven auf eine existentielle Frage:
Du denkst an niemanden, Du willst niemanden retten. Es geht Dir immer nur um Dich selbst, darum geht es auch jetzt! - Schwester, wir sind mitschuldig, wir können das nicht mehr schönreden. Zitat aus "Die Wildente oder der Kampf um die Wahrheit"
"Im Volksfeind" sind es zwei Brüder, die miteinander ringen, hier Bruder und Schwester, gespielt von Jens Harzer und Marina Galic. Sie eine Macherin, die die Badeanstalt lange alleine geführt und gleichzeitig die Familie des Jugendfreundes unterstützt hat; er ein gnadenloser Idealist, der die Wahrheit über den Menschen stellt.
Verdichtete und konzentriert Fassung
Die Katastrophe tritt ein, düster ist an diesem Abend nicht nur das Bühnenbild. Obwohl es dem fantastischen Ensemble gelingt, auch leichtere Momente zu zeigen. Intensiv sind die Momente zwischen Jens Harzer und Marina Galic, die um die Grundsatzfrage ringen: Wieviel Wahrheit verträgt die Wirklichkeit in welcher Situation? Bewegend, wenn Hedwig, gespielt von Rosa Thormeyer, die Familie zusammenzuhalten versucht. Immer sind, allein durch den Pool auf der Bühne, beide Ebenen präsent.
Die titelgebende Wildente hingegen taucht kaum auf, sie ist vor allem Symbol für Einsamkeit, Gefangenschaft, Lebenslüge. Arnarsson und seine Dramaturgin Susanne Meister haben enorm verdichtet. Herausgekommen ist eine stringente, manch einen im Publikum herausfordernde, konzentrierte Fassung, aufgelockert durch Livemusik.
Enorm verdichtet: Ibsens "Wildente" im Thalia Theater
Regisseur Thorleifur Örn Arnarsson feiert mit "Die Wildente oder der Kampf um die Wahrheit" Premiere am Thalia Theater.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ende:
- Ort:
-
Thalia Theater
Raboisen 67
20095 Hamburg
- Kartenverkauf:
- Mo-Sa 10-19 Uhr
So und Feiertage 16-18 Uhr
Schlagwörter zu diesem Artikel
Theater
