Publikum beim Konzert "Willkommen zurück" im Großen Sendessal Hannover © NDR Foto: Helge Krückeberg

Corona-Sommerwelle: Was bedeutet sie für die Kultur?

Stand: 16.06.2022 11:16 Uhr

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat sich mit Blick auf die aktuell steigenden Fallzahlen der Corona-Infektionen besorgt geäußert und das Wort "Sommerwelle" in den Mund genommen. Wie gehen Kulturveranstalter im Norden damit um?

von Anina Pommerenke

Der Kultursektor hat sich in den vergangenen Monaten als anfällig erwiesen, sobald sich Corona-Infektionen in einem Ensemble ausgebreitet haben. Schließlich geht es auf der Bühne kaum ohne Nähe. Vor allem die Theater im Norden hat es schwer getroffen: Im März und April haben Häuser wie das Thalia Theater in Hamburg etliche Vorstellungen absagen müssen.

Theater Osnabrück: Freiwillige Maßnahmen und Eigenverantwortung

Ähnlich sah es am Theater Osnabrück aus - jetzt standen die Zeichen eigentlich seit Wochen auf Entspannung, berichtet Matthias Köhn, der Kaufmännische Direktor des Hauses: "Im Moment steigen auch bei uns im Theater die Zahlen, aber noch nicht so, dass wir zwingenden Handlungsbedarf sehen. Wir beobachten sehr genau die weitere Entwicklung, weil auch in der Stadt Osnabrück höhere Infektionen gemeldet werden."

Wie viele Arbeitgeber setzt das Theater Osnabrück aktuell auf freiwillige Maßnahmen. Es stellt Masken und Corona-Tests zur Verfügung und möchte damit den Angestellten entgegenkommen: "Natürlich ist der Wunsch nach möglichst wenig Pflichten und nach eigener Entscheidung sehr hoch nach über zwei Jahren der Pandemie", sagt Köhn. "Deswegen kann ich nicht genau sagen, ob wir eine Maskenpflicht wieder einführen würden. Dann müssten die Infektionszahlen unseren Spielbetrieb deutlich gefährden."

Steigende Inzidenzen, aber noch keine neue Welle

Jana Husemann, Allgemeinmedizinerin und Vorsitzende des Hausärzteverbandes in Hamburg, sieht dafür aktuell keine Notwendigkeit, auch wenn die Fallzahlen steigen: "Ich finde es zu früh, das schon eine Welle zu nennen, denn das ist immer mit Angst verbunden. Ich würde sagen, wir sehen gerade wieder einen Anstieg der Inzidenzen. Das sehen wir auch an unserer Infektsprechstunde, die tatsächlich wieder ausgebucht ist, zum Teil schon ein zwei Tage im Voraus."

Doch: In ihrer Praxis habe sie seit einem halben Jahr niemanden mehr ins Krankenhaus einweisen müssen - die Verläufe waren demnach eher mild. "Im Moment sehe ich noch nicht die Notwendigkeit, dass man die Maßnahmen verschärft", sagt Husemann. "Aber es ist eine dynamische Situation - je nachdem, welche Variante gerade vorherrscht und welche Eigenschaften die mit sich bringt. Wenn das wieder eine Variante sein sollte, die schwere Verläufe mit sich bringt, dann muss man über Maßnahmen diskutieren. Das sehe ich in dieser Situation aber noch nicht gegeben."

Masken: Keine Pflicht, aber empfohlen

Von Fachleuten gibt es aktuell die Empfehlung, in Innenräumen eine Maske zu tragen, um sich zu schützen. Gerade für ältere Menschen oder Menschen mit Vorerkrankung sei dies eine sinnvolle Maßnahme. Wie effektiv freiwillige Maßnahmen sind, ist fraglich. Vielerorts, wo das Tragen einer Maske nicht verpflichtend ist, lässt die Bereitschaft dies zu tun spürbar nach - egal ob im Theater oder im Supermarkt.

Matthias Köhn vom Theater Osnabrück rechnet mit verpflichtenden Maßnahmen frühestens im Herbst im Falle einer weiteren Corona-Welle: "Wir gehen, was den Zuschauerraum betrifft, davon aus, dass es zu keinen Schließungen kommen wird, sondern dass möglicherweise von der Politik bei entsprechender Infektionslage wieder eine Maskenpflicht eingeführt wird. Hinter der Bühne und bei unseren Mitarbeitenden werden wir darauf achten, wie wir möglichst ohne Vorstellungsausfälle durch den Herbst und Winter kommen."

Das Publikum nicht wieder verunsichern

Ihm liegt am Herzen, dass in der aktuellen Lage keine Panik geschürt wird. Für die Theater sei es wichtig, bis zur Sommerpause normal und vor Publikum weiterspielen zu können. "Für uns aus der Veranstaltungsbranche ist es ganz wichtig, dass das Publikum, das gerade langsam wieder zurückkommt, nicht wieder verunsichert wird", meint Köhn, "sondern dass deutlich gemacht wird, dass man das sehr genau beobachten muss, dass es aktuell nicht darauf hindeutet, dass die Hospitalisierung deutlich steigt und dass jeder Einzelne beim Besuch einer Veranstaltung durch das Tragen einer FFP2-Maske für den eigenen Schutz sorgen kann."

 

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | 16.06.2022 | 06:50 Uhr

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