Rätselhafter Tod eines Tennisstars: Was geschah mit Horst Skoff?
Der österreichische Tennisspieler Horst Skoff kam 2008 in Hamburg unter dubiosen Umständen ums Leben. Was passierte damals wirklich? Und wie war der Mensch Horst Skoff eigentlich?
Es war der 6. Juni 2008, gegen 0.30 Uhr ging der Notruf beim Rettungsdienst ein. Eine Prostituierte erklärte, dass Horst Skoff in einem ehemaligen Fitness-Studio nach dem Konsum von Betäubungsmitteln zusammengebrochen wäre. Skoff wurde noch vor Ort reanimiert, im Krankenhaus verstarb er einen Tag später. Aufgrund der dubiosen Umstände und Verletzungen im Gesicht konnte ein Fremdverschulden am Tod zunächst nicht ausgeschlossen werden. So geht es aus den Ermittlungsakten von damals hervor.
Skoff war in Österreich ein Tennisstar. Er wurde nur 39 Jahre alt. Die offizielle Todesursache lautete später Herzversagen. Doch für manche seiner Weggefährten bleibt sein Tod unerklärlich. Offene Fragen ließen Raum für Spekulationen - die Familie hält gar einen Mord nicht für ausgeschlossen.
Vollgas auf dem Tennisplatz - und privat
Menschen in seinem Umfeld beschreiben Skoff als charmant und schillernde Figur, als Träumer und äußerst loyalen Freund. Gleichzeitig auch als einen, der das Leben trotz der Karriere zu genießen wusste. "So wie er am Tennisplatz Vollgas gegeben hat, hat er auch privat oft Vollgas gegeben", sagt Skoffs ehemaliger Manager Walter Lutschinger.
Sportlich machte sich Skoff, 1968 in Klagenfurt geboren und in der Nähe auf dem Land aufgewachsen, früh einen Namen. Schon mit 15 Jahren gewann er den Orange Bowl, den wichtigsten Nachwuchswettbewerb der Welt. Er wechselte in das Wiener Leistungszentrum und trainierte mit den Besten des Landes. Bald gehörte er selbst zu ihnen. Einfach schien es mit dem ehrgeizigen Talent aber nicht zu sein.
Ex-Trainer Bresnik: "Besondere Reife und Furchtlosigkeit"
"Der Horst war eigentlich immer ein schwieriger, schwieriger Bursche", erinnert sich sein früherer Trainer Günter Bresnik. Der Coach, der in seiner Karriere kurzzeitig auch Boris Becker und später den österreichischen Topspieler Dominic Thiem trainierte, erzählt dem NDR von Skoffs frühen Verfehlungen, aber auch einem außergewöhnlich veranlagten Spieler, der auf dem Platz eine "besondere Reife und Einstellung", auch "Furchtlosigkeit" zeigte.
Tennis dank Skoff in Österreich populär
In seiner Heimat prägte Skoff eine Tennisgeneration mit. Österreich stieg damals erstmals in die Weltgruppe des Davis Cups auf. Mehr als 40.000 Menschen kamen zu den Spielen ins Wiener Praterstadion.
Auch, weil in dieser Zeit neben Skoff mit Thomas Muster und Alexander Antonitsch zwei weitere Talente den internationalen Durchbruch schafften.
Skoff gehörte in dieser Zeit zu den beliebtesten Sportlern seines Landes. Seine damaligen Davis-Cup-Mitspieler wollten sich nicht im NDR äußern. Sein ehemaliger Gegner Udo Riglewski aber beschreibt den Spieler Skoff als "Kampfmaschine", ein leidenschaftlicher Spieler, der "sein Herz auf dem Platz" ließ.
Siege gegen Becker und Wilander
Skoff gewann im Laufe seiner Karriere im Einzel vier ATP-Turniere, war zwischenzeitlich die Nummer 18 der Weltrangliste. Beim Turnier am Hamburger Rothenbaum schlug er 1989 im Halbfinale den dreimaligen Wimbledonsieger Boris Becker. Im Davis Cup gewann er, schon von Krämpfen gequält, gegen den Schweden Mats Wilander, damals die Nummer zwei der Welt, eine spektakuläre Partie: sechs Stunden und vier Minuten, eins der längsten Matches der Davis-Cup-Geschichte.
Abruptes Karriereende
Doch große Erfolge und bittere Niederlagen wechselten in seiner Karriere stetig. In der Öffentlichkeit zeichnete sich - auch im Kontrast zu den Kollegen - das Bild eines Mannes, dem der Genuss des Wiener Nachtlebens sportlich auf die Füße fiel.
Die Öffentlichkeit erfreute sich an Skoffs Affären. Gerüchte zu Partys und Alkoholexzessen selbst vor wichtigen Spielen befeuerten den Eindruck falscher Prioritäten. Der einst gefeierte Star, als Versager abgestempelt.
Es passte ins Bild, als seine Karriere nach einer angeblich verweigerten Dopingprobe mit einer lebenslangen Sperre abrupt endete - im Alter von nur 29 Jahren. Eine Klage gegen die Sperre hatte zwar Erfolg. Doch Skoff fand nicht mehr zurück zur alten Stärke. 1999 war seine Laufbahn endgültig zu Ende.
Pläne für ein Tennis-Nachwuchszentrum
Der Übergang in ein Leben ohne den Ruhm schien Skoff nicht leicht zu fallen. Zunächst zog er sich nach Kärnten in die Landwirtschaft zurück. Dann versuchte er sich ohne Fortune als Trainer. Er plante ein Tennis-Nachwuchszentrum. Doch die Suche nach Investoren für sein Nachwuchsprojekt gestaltete sich schwierig. 2008 flog er nach Hamburg, um mögliche Geldgeber zu treffen.
Sadomaso-Party und Drogen-Exzess
Am Abend des 5. Juni landete Skoff in Hamburg. Laut den Ermittlungsakten der Polizei traf er sich schon am Flughafen mit der Domina Roberta und der Prostituierten Gabi. Sie fuhren gemeinsam zu einer Sadomaso-Party, zogen dann jedoch bald weiter. In einem alten Sportstudio am Hammer Steindamm fanden sie einen etwas privateren Rahmen.
Die Domina Roberta, die im NDR Gespräch nach vielen Jahren ihr Schweigen bricht, berichtet detailliert von der folgenden Nacht. Sie hätten Skoff Frauenkleidung angezogen und ihm Nadeln gesetzt. "Ich glaube, er wusste selber nicht genau, was er für einen Fetisch hatte", erzählt sie. "Ihm ging es einfach nur darum, dass eine Dame dabei ist oder auch mehrere Damen. Egal. Und er konsumiert Drogen und hat halt diesen Kick."
Kokain "in größeren Mengen"
Kokain, sagt sie. "In größeren Mengen. Also, viel fand ich." Irgendwann in der Nacht habe er einen epileptischen Anfall erlitten. "Er sagte noch: 'Oh Scheiße' und er hat sich ans Herz gefasst. Und dann sackte er zusammen." Im Nachhinein, sagt Roberta, hätte sie wahrscheinlich irgendwann sagen sollen: "Jetzt ist Schluss." Dass sie es nicht tat, verfolgt sie bis heute. Lange, sagt sie, habe sie danach nur bei Licht schlafen können.
Ärzte kämpfen um Skoffs Leben
Der Rettungswagen kam, brachte Skoff in die Klinik. Die Ärzte kämpften fast zwei Tage um Skoffs Leben. Er schaffte es nicht. Der Familie sagte man, Skoff sei an einem Herzinfarkt gestorben, erzählt sein Halbbruder Bernhard Boschitz. Die Polizei nahm dennoch Ermittlungen auf.
Am Ende hieß es in den Akten: "Herr Skoff verstarb sehr wahrscheinlich an den Folgen einer akuten Kokain-Intoxikation." Aus der Untersuchung der Haare sei ersichtlich gewesen, dass Skoff "in den Monaten vor seinem Tod erheblichen Kokain-Missbrauch betrieben hatte." Für ein Fremdverschulden gebe es keine Anhaltspunkte.
Sein Halbbruder kann das nur schwer glauben. "Ich denke, diese Fähigkeit, um die ich ihn immer beneidet habe, vor nichts und niemandem Angst zu haben", sagt er, "ich denke, das ist ihm letztlich zum Verhängnis geworden."