Kiels Patrick Wiencek beim Sprungwurf gegen Barcelona © imago images / Revierfoto

Sehnsuchtsort Köln: THW Kiel träumt vom Coup in der Champions League

Stand: 18.06.2022 10:34 Uhr

Nach dem Gewinn des Supercups und des DHB-Pokals hoffen die Handballer vom THW Kiel am Wochenende auf den ganz großen Wurf in dieser Saison. Sie wollen die Champions League gewinnen. Im Halbfinale wartet heute erst einmal ein großer Brocken: der FC Barcelona.

von Christian Görtzen

Köln! Schon der Name reicht aus, um bei Filip Jicha gute Laune zu erzeugen. Kein Wunder, bei seinen Erlebnissen dort: Siebenmal nahm der gebürtige Tscheche am Final Four in der 19.750 Menschen fassenden Arena teil, dreimal durfte er die Trophäe nach oben recken. Zweimal als Spieler, einmal als Trainer des THW Kiel. Letztmalig zu einem ungewöhnlichen Termin, wegen Corona zwischen Weihnachten und Silvester 2020. Die Ränge waren leer, die Siegesfeier dadurch speziell. Sehr schön sei es dennoch gewesen, so Jicha.

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Kiels Steffen Weinhold (l.) im Gespräch mit Trainer Filip Jicha. © IMAGO / Holsteinoffice

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Schließlich wurde im Endspiel der favorisierte FC Barcelona mit 33:28 recht deutlich besiegt. Mit dem Rekordgewinner der Königsklasse gibt es am Sonnabend (18 Uhr) in Köln ein Wiedersehen. Im Halbfinale - vor dann aber vollem Haus. Der 40 Jahre alte Coach der Schleswig-Holsteiner kann es kaum erwarten: "Dieses Event ist meiner Meinung nach das schönste, das man im Vereinshandball haben kann, vielleicht im Handball überhaupt. Es gibt eine unfassbare Qualität an Mannschaften. Die Champions League ist die Crème de la Crème - das ist das, was immer unvergessen bleibt."

"Zebras" ohne zwei wichtige Stützen

Die Vorzeichen sprechen noch etwas deutlicher zugunsten der Katalanen als vor anderthalb Jahren, fallen bei den Norddeutschen in Abwehrchef Hendrik Pekeler (Achillessehnenriss) und Rückraumschütze Sander Sagosen (Fraktur des Sprunggelenks) doch zwei Schlüsselspieler aus. Und so wollen die "Zebras" mit mannschaftlicher Kompaktheit diese Verluste an individueller Klasse kompensieren.

"Unser großes Plus ist, dass wir eine homogene Truppe und sehr gut eingespielt sind, dass andere Spieler auch diese Verantwortung übernehmen können", sagte Rückraumspieler Steffen Weinhold dem NDR. "Wir haben zwar nicht so einen breiten Kader. Aber die Spieler, die spielen - auf die können wir uns hundertprozentig verlassen."

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Kieler wollen Energie von den Rängen entfachen

Auch der Standort Köln, so hoffen sie beim THW, werde sicherlich noch einige Kräfte freisetzen. Es ist schließlich davon auszugehen, dass die Kieler außer von ihrem Fanblock, der "weißen Wand", auch noch von weiteren deutschen Zuschauerinnen und Zuschauern unterstützt werden.

"Wir müssen aber zuerst mit unserer Energie und Leistung kommen und die Zuschauer damit anstecken. Das geht von uns aus. Und wir werden uns definitiv nicht verstecken, sondern alles reinhauen und zeigen, dass wir an ein Märchen glauben und daran arbeiten", versicherte Jicha.

Die Außenseiterrolle haben die Kieler aber gerne angenommen, und sie pflegen diese auch. "Wenn wir zehn Spiele gegen Barcelona spielen, würden wir acht verlieren. Und wenn wir Barça besiegen wollen, brauchen wir eine kleine sportliche Sensation", sagte Jicha. Aber dann kommt verbal auch schon der Tempo-Gegenstoß: "Wenn Barça ins Finale will, müssen sie uns erst einmal schlagen. Wir werden da sein, wir haben einen Plan." Der Coach setzt auf die Mentalität seines Teams: "Wir hatten in dieser Saison schon unzählige Spiele, die wir in den letzten zehn Minuten gewonnen haben, weil wir an uns geglaubt haben."

Traumfinale gegen Kielce mit Ex-Kieler Wolff?

Kreisläufer Patrick Wiencek lebte das im Interview mit dem NDR schon einmal rhetorisch vor: "Die letzten Jahre haben gezeigt, dass man beim Final Four alles erreichen kann. Auch der Underdog kann gewinnen. Und wir fahren nach Köln, um zu gewinnen." Zuerst gegen Barça am Sonnabend, und - sollte dieser Coup tatsächlich gelingen - am Sonntag um 18 Uhr im Finale gegen den Sieger der Partie Vive Kielce (Polen) gegen KC Veszprém (Ungarn).

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Trainer Filip Jicha vom THW Kiel © picture alliance/dpa Foto: Ronny Hartmann

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Es könnte dann im Finale oder im Spiel um Platz drei (Sonntag, 15.15 Uhr) durchaus zu einem Duell mit Kielce und Ex-THW-Torwart Andreas Wolff kommen. Für den deutschen Nationalspieler ist es die erste Teilnahme am Final Four in Köln. "Er hat eine starke Saison gespielt und konnte sich steigern. Kielce war bockstark diese Saison. Ich würde das Team noch stärker als Barcelona einschätzen. 'Andi' trägt seinen Teil dazu bei", lobte Jicha.

ARD-Experte Dominik Klein traut den "Zebras" trotz des Fehlens von Pekeler und Sagosen im Duell mit Barcelona einiges zu: "Kiel überzeugt mit einer mannschaftlichen Geschlossenheit. Spieler, mit denen man gar nicht rechnet, können zum großen Faktor werden für den THW. Pavel Horak zum Beispiel, der hinten Zement anrührt, die Flügelzange Ruhne Dahmke/Niclas Ekberg – und natürlich Niklas Landin im Tor. Kiel kann für eine Überraschung sorgen."

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Dieses Thema im Programm:

NDR 2 Sport | 18.06.2022 | 23:03 Uhr

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