Stand: 07.12.2012 17:17 Uhr

Von Stadionnamen und Tradition

von Tim Wolff, NDR.de
Das HSV-Stadion 2004 © imago
Der HSV vermarktete 2001 als erster Bundesligist seinen Stadionnamen. Aus Volkssparkstadion wurde AOL-Arena.

Als Eintracht Braunschweig in der Saison 1972/1973 als erster Bundesligaverein mit Trikotwerbung auf der Brust auflief, ging ein Aufschrei durch Fußball-Deutschland. Traditionalisten und Fußball-Romantiker fürchteten den Ausverkauf von Deutschlands Volkssport Nummer eins: Fußball als Marketingplattform für Unternehmen. Im Laufe der Jahre legte sich die Aufregung, Trikot-Sponsoring etablierte sich nicht nur als wichtige Einnahmequelle für die Vereine, sondern wird inzwischen auch von der Mehrheit der Fans akzeptiert. Doch 2001 bekommen die Kritiker neues Futter: Der HSV vermarktet als erster Bundesligist seinen Stadionnamen an ein überregionales Unternehmen, aus dem Volksparkstadion wird die AOL-Arena. Damit beginnt eine neue Ära der Vermarktung im Fußball, die vielen Fans und Anhängern bis heute ein Dorn im Auge ist.

Vermarktung des Stadionnamens bringt zusätzliche Millionen

In den nächsten Jahren folgen weitere deutsche Vereine dem Vorbild der Hanseaten: Im Zuge der zahlreichen Neubauten und Umbauten im Vorfeld der WM 2006 werden zahlreiche Stadionnamen verkauft und Traditionsstätten des Fußballs umbenannt. Heute spielen 25 von 36 Vereinen in den ersten beiden Ligen in Spielstätten, die ein Wirtschaftsunternehmen in ihrem Namen tragen. Die Vorteile für beide Seiten sind offensichtlich: Unternehmen profitieren von einer enormen Reichweite des Markennamens durch nationale und internationale Berichterstattung. Dass viele Arenen inzwischen multifunktional auch für andere Veranstaltungen genutzt werden, trägt zur Werbewirkung bei. Die Vereine hingegen generieren durch die Vermarktung des Stadionnamens eine zusätzliche Einnahmequelle im Millionenbereich.

Fans fürchten Verlust von Tradition und Identität

Spruchband der Fans des 1. FC Nürnberg © imago
Fans des 1. FC Nürnberg protestieren 2006 mit einem Spruchband gegen die Umbenennung des Frankenstadions.

Bei den Fans stößt die Umbenennung des Stadionnamens allerdings in den meisten Fällen auf erbitterten Protest. Die Anhänger fürchten einen Verlust von Tradition und Vereinsidentität. Der Name des Stadions hat mitunter denselben Stellenwert wie die Vereinsfarben oder das Vereinswappen. Besonders heftig fällt der Ärger 2006 in Nürnberg aus, als das Frankenstadion in easyCredit-Stadion umbenannt wird. Die Club-Fans machen ihrem Ärger durch Demonstrationen und Aktionen Luft. Auch die lokale Presse schließt sich dem Protest an und verzichtet fortan konsequent auf den neuen Namen des Stadions. Beim FC St. Pauli und bei Werder Bremen sind die Fans hingegen erfolgreicher: Die Mitglieder des Kiez-Vereins stimmen auf einer Mitgliederversammlung 2007 mehrheitlich dafür, dass eine namentliche Vermarktung des Millerntor-Stadions verboten wird. Der Verein stopt daraufhin die Suche nach einem namensgebenden Sponsor. Bei Werder gründet sich die Faninitiative Weserstadion, die im Rahmen des Stadionumbaus zwischen 2008 und 2010 die Interessen der Anhänger vertritt - dazu gehört auch, dass das Weserstadion seinen Namen behält.

Traditionelle Stadionnamen bleiben in den Köpfen

Fans von Eintracht Frankfurt © imago Foto: Alfred Harder
Fans von Eintracht Frankfurt: "Das Waldstadion bleibt halt das Waldstadion."

Bei Eintracht Braunschweig hingegen steht der Name des Stadions 2008 bereits zum Verkauf. Doch eine Gruppe von ortsansässigen Sponsoren tut sich zusammen und sorgt seitdem dafür, dass wie in den 60er und 70er Jahren wieder im traditionsreichen Eintracht-Stadion gespielt wird. Aber selbst wenn ein Stadion aus finanziellen Gründen umbenannt wird, gibt es Hoffnung für die Romantiker: Bei den Fans setzen sich vermarktete Stadionnamen erfahrungsgemäß nicht durch. Auch unter Medienvertretern finden sich Traditionsbewusste, die nach wie vor auf den ursprünglichen Stadionnamen bestehen. Prominentes Beispiel dafür, dass traditionelle Stadionnamen auch nach der Umbenennung Fortbestand haben, ist Hessens Sportminister und Eintracht-Frankfurt-Fan Boris Rhein, der unlängst feststellte: "Das Waldstadion bleibt halt das Waldstadion." Egal, wie sich die Stadien-Landschaft in der Zukunft namentlich verändert: Das Volksparkstadion, das Frankenstadion oder das Waldstadion werden weiterhin in aller Munde sein.

Dieses Thema im Programm:

NDR 2 Sport | 07.12.2012 | 22:40 Uhr

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