Kammermusik-Matinee: Sehnsucht und Klage
Kleine Ensembles, ganz individuell: Die von den Orchester-Musiker*innen zusammengestellten Programme bieten Schmuckstücke der Kammermusik sowie Neuentdeckungen, Raritäten und besondere Arrangements.
Liebe und Sehnsucht, Klage und Traum: Dafür steht wie kein anderes Instrument die Flöte. Geprägt wurde diese Assoziationskette im Barock. Doch reichen ihre Wurzeln deutlich weiter zurück, bis zum antiken Mythos.
Von Goethe inspiriert: Webers Trio g-Moll
Warum Carl Maria von Weber, ein leidenschaftlicher Kammermusiker, sein Klaviertrio g-Moll mit Flöte besetzte statt mit Geige, erklärt sich mit Blick auf den dritten Satz. Der besteht nämlich aus Variationen über das Lied "Schäfers Klage" nach dem berühmten Gedicht Goethes. Um diese atmosphärisch dichte Miniatur komponierte Weber die restlichen Sätze nachträglich herum und sparte auch dort nicht mit Überraschungseffekten, etwa wenn das Finale wie eine ernste Fuge beginnt, um dann doch bald in pure Spielfreude umzuschlagen.
Wenn die Flöte französisch schwelgt
Auch die französischen Spätromantiker und Impressionisten liebten die Flöte - allen voran Claude Debussy. "Seit der Flöte des Faun atmet die Musik anders", meinte Pierre Boulez über Debussys "Prélude à l'aprés-midi d'un faune", das mit einem verträumten, weit ausschwingenden Flötensolo beginnt. 1894 hatte der Klangmagier Debussy mit diesem Orchesterwerk (nach dem Gedicht Mallarmés) das Tor zum musikalischen Impressionismus weit aufgestoßen. In dieser Matinee ist das "Prélude à l'aprés-midi d'un faune" in einer aparten Trio-Fassung zu hören. Einige Jahre später schrieb sich Debussys Landsmann Philippe Gaubert sein "Pièce romantique" auf den eigenen Leib, denn er war einer der führenden Flötisten seiner Zeit.
Sehnsucht nach Tschechien: Martinůs Klaviertrio
Ebenfalls in Frankreich, in Paris nämlich, wirkte 17 Jahre lang der Tscheche Bohuslav Martinů, bevor er 1940 Hals über Kopf in die USA fliehen musste. Auch wenn er dort als Komponist und Dozent rasch Fuß fasste, lassen Werke wie das Klaviertrio von 1944 erahnen, dass ihn die Sehnsucht nach der Heimat weiterhin umtrieb. Im langsamen Satz stimmen Flöte und Cello stets von neuem ihre wehmütigen Gesänge an, und die filigrane Heiterkeit der Außensätze wirkt manchmal wie nicht von dieser Welt.
