Kammermusik-Matinee: Kunst der Fuge
Kleine Ensembles, ganz individuell: Die von den Orchester-Musiker*innen zusammengestellten Programme bieten Schmuckstücke der Kammermusik sowie Neuentdeckungen, Raritäten und besondere Arrangements.
Fuge = Bach. Natürlich stimmt diese Gleichung - und stimmt doch nicht. Denn auch in späteren Epochen gab es immer wieder Komponisten, die sich um die Kunst des Kontrapunkts verdient machten, Künstler wie Beethoven, Schumann und Hindemith etwa. Zwei besonders markante Beispiele präsentierten Mitglieder der NDR Radiophilharmonie in der 3. Kammermusik-Matinee der Saison: Mendelssohns Capriccio und Fuge sowie das Klavierquintett von Schostakowitsch; dazu eine Auswahl aus Bachs "Kunst der Fuge".
Eine künstlerische Bilanz: Bachs "Kunst der Fuge"
Irgendwann wusste Bach wahrscheinlich selbst nicht mehr, wie viele Fugen er zeit seines Lebens jemals komponiert hatte. Anfang der 1740er jedenfalls fasste er den Entschluss, künstlerische Bilanz zu ziehen, und zwar mit der "Kunst der Fuge". Aus dieser Sammlung von 18 Einzelstücken erklingen die Fugen I, IV, V und IX, die mit ihren Umkehrungen, Spiegelungen und Gegenthemen, alle über dasselbe Ausgangsmaterial, einen Einblick in Bachs atemberaubende Beherrschung kontrapunktischer Techniken geben.
Felix Mendelssohn - ein leidenschaftlicher Fugenschreiber
Dieses Handwerkszeug lernte im darauffolgenden Jahrhundert der junge Felix Mendelssohn Bartholdy von der Pike auf. Und auch sonst gibt es zahlreiche Verbindungen zum Thomaskantor: Mendelssohns Großtante war eine Enkelschülerin Bachs, er selbst leitete mit der Wiederaufführung der "Matthäus-Passion" die deutsche Bach-Renaissance ein. Fugen schrieb er auch in späterer Zeit noch. Das leidenschaftliche e-Moll-Werk op. 81 stammt aus dem Jahr 1843 und stellt dem fugierten Hauptteil eine melancholische Einleitung voran, eine Art Lied ohne Worte.
Im Geiste Bachs: Schostakowitschs Klavierquintett g-Moll
Und Dmitrij Schostakowitsch? "Ich spiele täglich ein Stück von Bach", bekannte er 1950 in einem Interview. Da lag sein kontrapunktisches Meisterwerk, die 24 Fugen und Präludien op. 87, noch vor ihm. Doch hatte er früher schon Werke im Geiste Bachs komponiert. Das Klavierquintett op. 57 etwa, das mit dem Satzpaar Präludium und Fuge beginnt und auch sonst polyphon gearbeitet ist. Es ist ein Werk der klaren Linienführung und des entschlackten Klangs. Das Stück kam bei Fachpresse und Publikum gleichermaßen gut an, und sogar der kritische Kollege Prokofjew lobte Schostakowitschs Fuge.
