Zum Nachhören: Ingo Metzmacher im Sinfoniekonzert
Der hannoversche Dirigent Ingo Metzmacher ließ Richard Strauss' "Metamorphosen" und Anton Plates Werk "Libération" erklingen.
Wenn Ingo Metzmacher ein Konzertprogramm zusammenstellt, ist das immer spannend und innovativ. Diesmal hatte der vielfach ausgezeichnete Dirigent neue Musik seines Kollegen Anton Plate im Gepäck: Die sechssätzige Sinfonie "Libération" für Sopran und Orchester. Zuvor erklangen Richard Strauss' "Metamorphosen" - das musikalische Vermächtnis des 80-jährigen Komponisten angesichts der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg. Mit Plates "Libération" haben die "Metamorphosen" von Strauss einige weitreichende Berührungspunkte.
Musik unserer Gegenwart: "Libération" von Anton Plate
Sowohl Ingo Metzmacher als auch Anton Plate sind der Stadt Hannover biografisch eng verbunden. Metzmacher wuchs hier auf, studierte an der Hochschule für Musik, Theater und Medien (HMTMH) und wurde ein international gefragter Dirigent. In seiner Heimatstadt übernahm er 2016 die Leitung der KunstFestSpiele Herrenhausen. Der gebürtige Hildesheimer Anton Plate hat seit seinem Studium in Hannover das musikalische Leben der Stadt wesentlich geprägt: als Professor für Musiktheorie - u. a. von Metzmacher - an der HMTMH, als Dirigent, Pianist und natürlich durch seine kompositorische Arbeit. Für Metzmacher und dessen Hamburger Konzertreihe "Who Is Afraid Of 20th Century Music?" steuerte Plate mehrere Kompositionen bei. Nun folgte in Hannover die in den Jahren 1999 bis 2018 entstandene, groß angelegte Sinfonie in sechs Sätzen "Libération". Über das Werk, dessen letzter Satz "Limbo" (Fegefeuer, Vorhölle) in diesem Konzert seine Uraufführung erlebt, schreibt der Komponist:
Das große Thema dieser Sinfonie könnte lauten: "Das Leben ist ein immerwährendes Abschiednehmen, ein immerwährendes Loslassen." Anton Plate, Komponist
Die letzten beiden Sätze der Sinfonie enthalten vom Solosopran vorgetragene Texte u. a. aus Grimms Märchen, von Herman Melville und Anton Plate selbst. Die Solo-Partie übernahm Marlis Petersen. Sie ist international im klassischen Koloraturfach wie auch als Interpretin zeitgenössischer Musik eine der führenden Sopranistinnen unserer Zeit. 2020 wurde sie von der Zeitschrift "Opernwelt" zum vierten Mal zur Sängerin des Jahres gekürt und erhielt darüber hinaus den Opus Klassik als Sängerin des Jahres.
Trauer und Abschied - die "Metamorphosen" von Richard Strauss
Wie in "Libération" ist auch die Klangwelt in Strauss' "Metamorphosen" durch Gedanken und Gefühle des Abschieds, des Abschiedsschmerzes und des Verlusts geformt. Dieses Werk für 23 Solostreicher entstand in den letzten Kriegswochen als Auftragsarbeit für den Schweizer Dirigenten und Mäzen Paul Sacher. Für Strauss bedeutete die Zerstörung wichtiger Musikstätten in München und Dresden gleichzeitig den Untergang einer Kultur, die er maßgeblich mitbestimmt hatte. Diese Abschiedsstimmung fangen die "Metamorphosen" mit ihrem ständigen Abwägen und Variieren des Ausgangsmaterials ein. Ganz am Ende zitiert Strauss den Trauermarsch aus Beethovens "Eroica": "In memoriam!" notierte er unter diese letzten Takte.
