Geplant: Auf den Flügeln des Gesangs
"Auf Flügeln des Gesanges, Herzliebchen, trag ich dich fort." - Heinrich Heine
Schöner kann man das Phänomen Musik wohl kaum in poetische Worte fassen und mit dem Gefühl der Liebe vereinen. Es wird also eine besonders romantische Kammermusik-Matinee in diesem Mai. Denn das Programm bietet Mendelssohn-Lieder auf Texte von Heine verbunden mit der heutigen musikalischen Sichtweise Aribert Reimanns sowie Brahms‘ spätes Streichquintett op. 111.
Poesie und Musik - die schönsten Künste miteinander vereint
Mendelssohn gelang es, für Heines klangvolle Gedichte die adäquate Liedsprache zu finden. 150 Jahre später betrachtete und ergänzte der Komponist Aribert Reimann in "...oder soll es Tod bedeuten?" einige Heine-Mendelssohn-Lieder aus seinem heutigen Blickwinkel. Mit dem zweiten großen Werk dieses Vormittags, dem Streichquintett G-Dur, wollte Brahms 1890 eigentlich sein gesamtes Schaffen beenden. Dieses op. 111 wurde zwar doch nicht der Schlusspunkt seines Komponierens, aber ein Höhepunkt.
Mendelssohn-Lieder mit heutigen "Nach-Gedanken"
Ein Gegenwartskomponist, der Lieder schreibt, fällt aus dem Rahmen des Üblichen. Der musikalische Poet Aribert Reimann, der 2021 seinen 85. Geburtstag feiert, hat sich dadurch nie beirren lassen. Sein Herz schlug von Beginn an für die Gattung Lied als komprimiertes "Mini-Drama" aus menschlichen Gedanken und Gefühlen. All die tiefen Empfindungen, die um Liebe, Leid, Verlust und Abschied kreisen, sind in den Heine-Liedern Mendelssohns zu finden. 1996 stellte Reimann einige davon zu dem Zyklus "...oder soll es Tod bedeuten?" zusammen. Die originale Singstimme behielt er bei, doch ersetzte er den Klavierpart durch ein Streichquartett, das die Lieder mit einer andersartigen Aura umgibt. Verbunden werden die Lieder durch neu hinzukomponierte Intermezzi: "Reflexionen in meiner musikalischen Sprache über ein bereits gehörtes oder folgendes Mendelssohn-Lied, Nach-Gedanken oder vorauseilende", erläutert Reimann.
Aus dem Leben gegriffen
Der Gedanke des Abschieds beschäftigte auch den 57-jährigen Brahms – in beruflicher Hinsicht, denn er wollte mit dem Komponieren aufhören. Das so klangsinnliche und formal mustergültig durchgearbeitete Streichquintett G-Dur sollte sein letztes Werk sein. Wehmut, Melancholie am Schaffensende? Während der dynamische Kopfsatz eine andere Geschichte zu erzählen scheint, schwingen resignative Untertöne in den beiden mittleren Sätzen durchaus mit. Der Finalsatz mit seinem brahmstypischen "all’ongarese" Einschlag wirkt wie aus dem Leben gegriffen, denn er hat beides, Daseinsfreude und Lebensernst. Und es sollte dann auch anders kommen: Seinem op. 111 ließ Brahms wenig später noch weitere Kammermusik folgen.
