Internationales Musikfest: Pablo Heras-Casado & Antoine Tamestit
Ab in den musikalischen Ring! Pablo Heras-Casado bezwingt Wagner, Artist in Residence Antoine Tamestit stellt Gubaidulinas Bratschenkonzert in ein neues Licht - am 30. und 31. Mai mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester.
Alleskönner am Pult: Pablo Heras-Casado
Das gelingt nicht vielen Dirigenten: beim Freiburger Barockorchester ebenso gefragt zu sein wie bei den Bayreuther Festspielen oder beim San Francisco Symphony Orchestra; das richtige Händchen für Alte Musik zu haben ebenso wie für Romantik und Gegenwart, für die Konzertmusik genauso wie für die Oper. Der Spanier Pablo Heras-Casado ist ein stilistisches Multitalent und präsentiert bei seinem Comeback zum NDR Elbphilharmonie Orchester im Rahmen des Internationalen Musikfests Hamburg Orchesterauszüge aus Richard Wagners "Götterdämmerung". Dazu interpretiert der nicht weniger vielseitige Star-Bratscher und Artist in Residence 2024/25 Antoine Tamestit das fast schon zum "modernen Klassiker" gewordene Violakonzert von Sofia Gubaidulina, die am 13. März dieses Jahres im Alter von 93 Jahren verstorben ist.
Gubaidulina: "Tiefer gelegter" Klang
Die Bratsche genoss jahrhundertelang auch unter Komponist:innen nicht den besten Ruf. Viele haben einen Bogen um die große Schwester der Violine als Soloinstrument gemacht. Auch für die Russin Sofia Gubaidulina, die von 1992 bis zu ihrem Tod vor den Toren Hamburgs lebte, wirkte der besondere, matte und dunkle Klang des Instruments stets "mysteriös", "verschleiert" und "rätselhaft" - aber gerade das begeisterte und reizte die Komponistin, als sie 1996 ihr Violakonzert schrieb. Und um dieses faszinierende Timbre irgendwie auch im Orchester zu spiegeln, nahm sie noch ein Streichquartett mit tiefer gestimmten Saiten in die Besetzungsliste auf. Ein Fest des "tiefer gelegten" Klanges also! Und damit ein gefundenes Fressen für Antoine Tamestit, für den Gubaidulina ihrer Solostimme 2015 eigens einen neuen Anstrich verpasste.
Tönendes Schweigen: Wagners "Götterdämmerung"
Musik sei "tönendes Schweigen", hat Richard Wagner einmal gesagt. Er meinte, dass in seinen Musikdramen eben auch das Orchester - wenngleich ohne Worte - "mitredet": nämlich von dem erzählt, was Sprache und Szene nicht auszudrücken vermögen. Für manche Fans des großen romantischen Orchestersounds fehlt daher nichts, wenn Wagners Musik außerhalb der Opernbühne im Konzertsaal erklingt - erst recht nicht in der "Götterdämmerung", dem letzten Teil der gewaltigen Tetralogie "Der Ring des Nibelungen". Denn hier trieb der Komponist seine Instrumentationskunst wie auch sein legendäres "Leitmotiv"-System dermaßen auf die Spitze, dass in jedem Auszug immer irgendwie auch das Ganze mitschwingt. Pablo Heras-Casado hat neben den zwei berühmtem Orchesternummern "Siegfrieds Rheinfahrt" und "Trauermarsch beim Tode Siegfrieds" auch den überwältigenden Schlussgesang der Brünnhilde ausgewählt. Der kommt selbstverständlich doch nicht ganz ohne Worte aus, die hier vom neuen Stern am Wagner-Himmel: der jungen schwedischen Sopranistin Åsa Jäger gesungen werden.
