Stand: 13.03.2017 10:03 Uhr

Japan: Das Tournee-Tagebuch

von Anna Novák

10:39 Uhr - Tokio, 6. März

Tagebuch 03: Guten Morgen, Tokio!

Auf geht's zur ersten Probe in der Orchard Hall. Auf den vergangenen Tourneen hat das NDR Elbphilharmonie Orchester meist in der für ihre Akustik berühmten Suntory Hall gespielt. Doch dort wird momentan umgebaut, sodass auf die Orchard Hall ausgewichen werden muss. Über 2.000 Zuschauer fasst der kastenartige Konzertsaal, auf dessen Balkonen man mindestens genauso schwindelfrei sein muss, wie in der Elbphilharmonie, denn der Raum ist sehr hoch und offen.

Für Dirigent Krzysztof Urbański sind die Konzerte in Tokio ein Heimspiel: Mehrere Jahre hat er hier als Gastdirigent regelmäßig das Tokyo Symphony Orchestra dirigiert. "Hoffentlich wird die Akustik noch ein bisschen trockener mit Publikum", wünscht er sich während der Probe in der noch leeren Orchard Hall.


23:00 Uhr - Tokio, 6. März

Tagebuch 04: In Tokios Orchard Hall

Eindrücke von der Japan-Tournee des NDR Elbphilharmonie Orchesters © NDR Foto: Anna Novák
Noch sind die Plätze leer und die Musiker haben Zeit, sich auf das Konzert einzustimmen.

Das erste Konzert ist geschafft! Von Müdigkeit oder Jetlag ist bei den Musikern keine Spur. Sie spielen wach, lebendig und voller Spielfreude. Das japanische Publikum wirkt auf den ersten Blick etwas distanziert. Anders als in Korea oder in China, wo die Besucher bei klassischen Konzerten regelrecht ausflippen, verhalten sich die Japaner viel ruhiger. "Früher war das noch extremer", erklärt mir Geiger Hans-Christoph Sauer, der schon vor 30 Jahren auf der ersten Tour des NDR Elbphilharmonie Orchesters in Japan dabei war. Damals spielten sie in der Suntory Hall und das Publikum war schon beim Einnehmen der Plätze mucksmäuschenstill - trotz über 4.000 besetzter Plätze!

Bei diesem ersten Konzert der Tournee heute lassen sich die knapp 2.000 Besucher dann aber nach und nach doch mitreißen - besonders von Dvořáks Neunter Sinfonie "Aus der neuen Welt". Still sind sie dennoch, machen kaum ein Geräusch während des Spielens. Gehustet wird hier ausschließlich (das übrigens sehr lautstark) zwischen den Sätzen.

Kurz kommt mir der Gedanke: Das wäre doch ein gutes Publikum für die Elbphilharmonie, wo man aufgrund der guten Akustik auch die Nebengeräusche so stark wahrnimmt. Apropos Elbphilharmonie: Erst jetzt, wo ich das Orchester in der Orchard Hall in Tokio höre, wird mir klar, wie grundlegend anders die Elbphilharmonie tatsächlich klingt. So durchsichtig und klar von einander getrennt wie dort kann man die Stimmgruppen hier in Tokio nicht erkennen. Es ist ein viel durchmischterer Klang, der aber auch seinen Charme hat. Es ist spannend, das NDR Elbphilharmonie Orchester nach vielen Wochen in der Elphi wieder aus einer anderen Klangperspektive zu hören.


11:22 Uhr - Tokio, 7. März

Tagebuch 05: Deutsch-japanischer Kulturaustausch

Am Morgen nach dem ersten Tokioter Konzert treffe ich früh einen japanischen Journalistenkollegen: Takuo Ikeda schreibt als Musikjournalist für mehrere Medien, hat viele Jahre auch in Europa gelebt und kennt die Musikszene in beiden Welten gut. Das NDR Elbphilharmonie Orchester habe hier in Japan einen hohen Stellenwert, erzählt er mir. Vor allem dank großer Chefdirigenten wie Günter Wand, an den er sich noch besonders intensiv erinnert.

Das zweite Konzert des NDR Elbphilharmonie Orchesters in Tokio mit dem jungen Krzysztof Urbański mache ihn neugierig. "Es kommt momentan viel Modernes aus Hamburg", findet Ikeda. Und Japan sei ja dort auch ganz gut vertreten: mit Kent Nagano an der Staatsoper und natürlich Yasuhisa Toyota, der die Akustik für die Elbphilharmonie gemacht hat. Er lacht: "Elbphilharmonie war für uns hier in Japan etwas schwer zu verstehen. Wir haben in der Schule immer gelernt, der Fluss heißt 'Elbe' - mit 'e'! Aber mittlerweile weiß das hier jeder."

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