Windkraftausbau: Kommunen dürfen selbst entscheiden
Um den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland zu beschleunigen, dürfen Kommunen in Zukunft selbst entscheiden, ob und wo sie Windräder bauen wollen. Kritik daran kommt unter anderem aus dem Gemeindetag und dem schleswig-holsteinischen Innenministerium.
Städte und Gemeinden dürfen künftig die Regionalpläne des jeweiligen Bundeslandes übergehen, um Windräder auf ihrem Gebiet zu bauen. Eine Änderung des Bundesbaugesetzes macht dies möglich. Das Gesetz war an die bestehenden Pläne zum beschleunigen Bau von Flüssiggas-Terminals angehängt und stand am Freitag (7. Juli) auf der Tagesordnung von Bundestag und Bundesrat. Der Beschluss wurde am Freitagvormittag gefasst. Die Ampelkoalition will so den Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland beschleunigen.
Pläne umstritten
Die Pläne sind in Schleswig-Holstein umstritten. Kritik kommt unter anderem von der schwarz-grünen Koalition. "Man hätte meinen sollen, dass die Sensibilität für eine sorgfältige Gesetzgebung spätestens seit der Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Gebäudeenergiegesetz seit Mittwoch gestiegen ist", kritisiert die Bundesratsbevollmächtigte des Landes, Sandra Gerken (CDU).
Sütterlin-Waack: Risiko, dass die Regionalplanung unterlaufen werden könnte
Auch das schleswig-holsteinische Innenministerium bemängelt die verkürzte Frist. "Wir hätten uns von Seiten der Bundesregierung mehr Zeit gewünscht, um die Änderungen ausführlich bewerten zu können", teilte Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) mit. Die Landesregierung wolle den Ausbau der Windkraft weiterhin mithilfe von Regionalplänen voranbringen. "Dies ist nach unserer Überzeugung weiterhin der beste Weg, um einen Wildwuchs zu verhindern und die Akzeptanz für den Windkraftausbau zu erhalten. Die jetzt vorgesehene Änderung im Baugesetzbuch birgt aus unserer Sicht zumindest das Risiko, dass die Regionalplanung unterlaufen werden könnte", so Sütterlin-Waack. Energieminister Tobias Goldschmidt (Grüne) äußerte sich zurückhaltend. "Nach der finalen Verabschiedung durch den Bundesrat werden wir uns die Regelungen genau anschauen, bewerten und anschließend in der Koalition das weitere Vorgehen beraten."
Bülow: Gemeinden könnten stärker unter Druck geraten
Auch Jörg Bülow vom Schleswig-Holsteinischen Gemeindetag sieht die neue Regelung kritisch. Sie schaffe Unübersichtlichkeit. "Gemeinden könnten mit ihren Planungen kollidieren. Das würde dazu führen, dass die Flächen nicht mehr optimal genutzt werden. Und am Ende könnten weniger Flächen für Windkraft im Land zur Verfügung stehen", sagte Bülow NDR Schleswig-Holstein. Gemeinden könnten jetzt stärker unter Druck geraten, weil sie vor der Entscheidung stünden, diese Möglichkeit zu nutzen oder nicht. "Damit brechen alte Konflikte wieder auf", prognostiziert Bülow. Die Steuerung durch die Regionalpläne im Land habe den Vorteil, dass sie für eine optimale Flächenausschöpfung sorge. "Damit gab es weniger kommunalpolitische Konflikte, diese planerische Ordnung halten wir weiterhin für richtig."
Bürgerinitiative befürchtet Wildwuchs
Die Halbinsel Eiderstedt gehört zu den Regionen in Schleswig-Holstein, die noch weitgehend frei von Windkraftanlagen ist. Auch hier gibt es Unbehagen. Rainer Palm von der Bürgerinitiative Zukunft Eiderstedt befürchtet einen "Wildwuchs" von Windkraftanlagen. "Hier auf Eiderstedt haben die Gemeinderäte bis auf wenige Ausnahmen dem Ausbau der Windkraft bereits zugestimmt. Dem gegenüber stehen die Interessen des Umweltschutzes, des Vogelschutzes und des Landschaftsbildes", so Palm.
Das Land Schleswig-Holstein hat sein Unverständnis im Bundesrat kommuniziert. In einer Erklärung an den Bundesrat heißt es, dass Risiken, die den Ausbau Erneuerbarer Energien im Land gefährden, nicht ausgeschlossen werden können. Offene Fragen seien nicht in angemessenem Umfang geklärt. Anders als im Vorhaben zur Änderung des LNG-Beschleunigungsgesetzes, sieht Schleswig-Holstein hier keinen Eilbedarf.
Jörg Bülow erwartet eine schnelle Umsetzung bei einigen Gemeinden. Dem Innenministerium sind bisher keine Gemeinden und Städte bekannt, die diesen Sonderweg gehen wollen, so ein Sprecher auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein.