Boxhandschuhe und Kopfschutz im Boxring © EXPA/ J. Groder

Rostock: Kampfsport-Event mit Verbindung zu den "Hells Angels"

Stand: 11.11.2023 18:24 Uhr

In Rostock wurden am Sonnabend mehrere hundert Besucher zu einer Kampfsportveranstaltung erwartet. Zu den Veranstaltern gehören nach NDR-Recherchen offenbar auch Rocker der örtlichen "Hells Angels".  

von Julian Feldmann, Reiko Pinkert und Hannes Stepputat, NDR

Mixed Martial Arts (MMA) ist eine Kampfsportart, die in ganz Deutschland immer beliebter wird. In fast jeder größeren Stadt gibt es mittlerweile Sportstudios, die MMA und Wettbewerbe anbieten. Die Sportler und MMA-Vereine sind dabei seit Jahren bestrebt, aus der Schmuddelecke herauszukommen. Doch das gelingt nicht immer. In Rostock wurden nun rund 700 Besucher zu einem so genannten "Cage Fight" (Käfigkampf) erwartet. Der Veranstalter, das Kampfsportstudio "MMA Rostock", weist nach NDR-Recherchen Verbindungen zum Rockerclub "Hells Angels", zu Kriminellen und zu Rechtsextremisten auf.

Trainer mit rechtsradikaler Szenekleidung

So bewegen sich zwei Trainer des Vereins offenbar im engen Umfeld der "Hells Angels Baltic Coast", wie Fotos belegen, die dem NDR vorliegen. Einer von ihnen fiel in der Vergangenheit mit dem Tragen von rechtsradikaler Szenekleidung auf. Weitere Fotos zeigen den Mann als Marine-Ausbilder junger Kadetten bei der Bundeswehr. Auch die Schatzmeisterin von "MMA Rostock" hat offenbar enge Beziehungen zu den Rockern. Sie ist unter anderem geschäftlich mit einem der "Hells Angels"-nahen Trainer verbunden. Auf weiteren Fotos, die dem NDR vorliegen, ist zudem zu sehen, dass auch unter den Sportlern, die bei dem Verein trainieren, regelmäßig "Hells Angels"-Mitglieder und Personen aus dem engeren Umfeld des Rockerclubs sind. Der Verein "MMA Rostock" ließ eine Anfrage zu den mutmaßlichen Verbindungen zu den "Hells Angels" unbeantwortet.

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Von Kritikern wird MMA oft als äußert brutal beschrieben, Fans verweisen auf hohe technische Ansprüche und einen starken Fairness-Gedanken. Experten hingegen schätzen das Missbrauchspotenzial beim MMA als besonders hoch ein. Demnach erhöhe das realitätsnahe Training die Gefahr, dass die Kampftechniken auch außerhalb der Vereine auf der Straße angewandt werden.

Dachverband lehnte Aufnahme ab

Der "Cage Fight", den "MMA Rostock" mit einem Magdeburger Kampfsportstudio organisiert hat, war nach Veranstalterangaben ausverkauft. Auch die GEMMAF wollte vor Ort sein, einer der wichtigsten MMA-Verbände Deutschlands - doch nur um die "ordnungsgemäße Durchführung im Sinne des Schutzes aller teilnehmenden Athleten und Teams" zu kontrollieren, teilte der Verband auf Anfrage des NDR mit. Darüber hinaus habe die GEMMAF keine Verbindungen zu "MMA Rostock". Als die Rostocker im vergangenen Jahr in den Verband aufgenommen werden wollten, lehnte der Verband ab - denn es habe "kritische Tendenzen" bei dem Kampfsportstudio gegeben.  

Rechte Kämpfer und Kriminelle?

Ein Sportler, der im vergangenen Jahr für "MMA Rostock" in Bremen einen Wettbewerb bestritt, sitzt mittlerweile im Gefängnis. Der Versicherungsvertreter aus der Hooliganszene von Hansa Rostock hatte im großen Stil mit Drogen gehandelt und war im vergangenen Jahr zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Einer der Kämpfer, der nun für "MMA Rostock" in den Ring steigen sollte, bewegte sich offenbar in der Vergangenheit im Umfeld der mittlerweile verbotenen rechtsextremen Gruppierung "Aktionsblog". Eine Sprecherin des Innenministeriums Mecklenburg-Vorpommerns erklärte, dass "MMA Rostock" von den Behörden nicht als rechtsextremistisch geführt werde. Es dürften jedoch "Kontakt- und Kennverhältnisse von einzelnen handelnden Akteuren in die rechtsextremistische Szene hinein" bestehen, so die Sprecherin. Auf Fragen des NDR hierzu antwortete "MMA Rostock" nicht.

Unter den mehr als zwei Dutzend Sponsoren der Kampfsportveranstaltung finden sich auch Firmen, die Verbindungen zu den "Hells Angels" und in die rechte Szene haben: etwa ein Kaminbau-Betrieb, dessen Chef in der Vergangenheit als Neonazi-Liedermacher auftrat, und eine Versicherungsmaklerin, die regelmäßig bei dem Verein trainiert und früher Mitarbeiterin der NPD-Landtagsfraktion war sowie selbst für die Partei kandidierte. 

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Bereits im vergangenen Jahr hatte "MMA Rostock" ein ähnliches Kampfsportevent organisiert, damals in einem Oktoberfestzelt im Rostocker Stadthafen. Nach Recherchen des Onlineportals "Belltower" trat dabei auch einer der bundesweit bekanntesten Neonazi-Kampfsportler als eine Art Trainer für zwei Kämpfer auf. Der Neonazi, der bis vor Kurzem im Stadtrat des sächsischen Wurzen saß, war dem Bericht zufolge für ein Gym mit Fantasienamen angereist, wohl um zu verschleiern, dass er an dem Event teilnimmt. "Das Vorgehen in Rostock scheint eine Strategie der Tarnung zu sein. Man verschleiert die Herkunft der Kämpfer, in dem man sie unter nicht existierenden Gym-Namen antreten lässt und vermeidet damit kritische Meldungen", zitierte der Bericht damals den Experten für Rechtsextremismus im Sport, Robert Claus.

Einlass-Regeln für Rostocker Käfigkampf

Für "The Cage MMA" hatten die Veranstalter einige Regeln erlassen. So sollten nur Gäste ab 18 Jahren eingelassen werden. "Diskriminierung", "Hassrede" sowie Zeichen verbotener Organisationen und politische Symbole waren den Angaben zufolge verboten. Der Betreiber der Kulturbühne Moya, wo die MMA-Veranstaltung stattfand, erklärte, die Sicherheitsleute würden auf verbotene Symbole achten. Aus der erwarteten Teilnahme von Rockern der "Hells Angels" an der Veranstaltung entstand aus Sicht des Innenministeriums keine "unmittelbare Gefährdungslage", da es derzeit keine konkurrierende Motorradgang in Rostock gebe.

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NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 11.11.2023 | 12:00 Uhr

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