Merz im zweiten Wahlgang gewählt: "Mit einem blauen Auge davongekommen"
CDU-Chef Friedrich Merz hätten 316 Stimmen zur Kanzlerschaft gereicht, beim zweiten Wahlgang im Bundestag waren es dann 325. Auch wenn der Start holprig war, ist sich Politikwissenschaftler Wolfgang Muno sicher, dass das schon in Kürze kein Thema mehr sein werde.
Friedrich Merz sei heute mit einem blauen Auge davongekommen, sagt Prof. Wolfgang Muno, Politikwissenschaftler an der Universität Rostock. "Schädlich wäre es gewesen, hätte sich der Prozess noch mehrere Tage oder Wochen hingezogen", so Muno direkt nach der Bekanntgabe des Ergebnisses in Berlin. Es habe sich im Bundestag gezeigt, dass die demokratischen Parteien zusammenstehen. "Sie mussten vorher die Geschäftsordnung ändern, auch die Linke und die Grünen hatten zugestimmt, deswegen konnte es einen zweiten Wahlgang geben", sagt Muno im NDR MVlive-Gespräch. Die Zweidrittelmehrheit, die so kurzfristig zustande kam, sollte die Union auch über ihren Unvereinbarkeitsbeschluss mit der Linken ins Nachdenken bringen. Für Friedrich Merz ein holpriger Start: "Ein kleiner Kratzer, aber ich denke, das wird in wenigen Monaten kein Thema mehr sein", sagt Wolfgang Muno.
Niederlage im ersten Wahlgang: Schwesig war betroffen
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) wünschte nach dem Erfolg im zweiten Wahlgang dem neuen Kanzler alles Gute und viel Erfolg. Sie war die erste unter den Länderchefs, die Merz gratulierte - mit einem aufmunternden Lächeln. Am Vormittag, kurz nach 10 Uhr, sah das noch anders aus. Nach dem Scheitern im ersten Anlauf standen Schwesig - so meinen Beobachter - Tränen in den Augen. Sie hatte für die Koalition mit der Union geworben und war an den Verhandlungen in Berlin intensiv beteiligt. An Spekulationen, warum Merz die Mehrheit im ersten Durchgang mit sechs Stimmen verpasst hatte, wollte sie sich nicht beteiligen. Sie vertraue allen in der SPD-Fraktion, betonte sie.
Der Greifswalder CDU-Bundestagsbgeordnete Philipp Amthor sagte am Mittag, die Unionsfraktion stehe geschlossen hinter Merz. Der Politikwechsel dulde keinen Aufschub, es sei keine Zeit für Taktiererei und politische Spielchen. Deutschland brauche Stabilität. Dementsprechend groß die Erleichterung am Nachmittag. Amthor soll parlamentarischer Staatsekretär im Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung werden. Dem steht jetzt nichts mehr im Weg.
Erfolg im zweiten Wahlgang
Im zweiten Wahlgang konnte Friedrich Merz mit 325 Stimmen die nötige Mehrheit auf sich versammeln. Gegen 16.15 Uhr verkündete die neue Bundestagspräsidentin Julia Klöckner das Ergebnis. Inzwischen hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Merz im Schloss Bellevue die Ernennungsurkunde überreicht. Der neue Kanzler hat mittlerweile im Bundestag bereits seinen Amtseid geleistet. Auch die 17 neuen Bundesminister und Ministerinnen sollen noch am Abend vereidigt werden. Darunter die Schweriner SPD-Abgeordnete Reem Alabali-Radovan. Sie wird die neue Ministerin für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklungshilfe.
