Jeder Stör zählt: Forschungsprojekt am Stettiner Haff
Hat die Deutsche Ostseefischerei eine Zukunft? Ja, sagen Wissenschaftler. Sie sehen sich dabei als Partner der Fischer, nicht als Gegner. Sie wollen klären, warum es bestimmten Fischbeständen nicht gut geht, währenddessen andere eine Zukunft haben - wie zum Beispiel der Baltische Stör.
In der Landesforschungsanstalt in Born wird seit 2006 der Nachwuchs für ein Wiederansiedlungsprojekt im Ostseeraum gezüchtet. 60 Störe wurden kürzlich vom Team unter der Projektleiterin Christin Höhne von Bord eines Fischkutters ins Stettiner Haff gelassen. Die Fische sind etwa zwei bis drei Jahre alt und ungefähr einen Meter lang.
Langzeitsender im Bauch
Zuvor haben alle Störe zu Forschungszwecken einen Langzeitsender bekommen, erklärt die Projektleiterin: "Die sollen uns aufzeigen, welchen Ausgang sie in die Ostsee nehmen. Wir haben ja drei Ausgänge in die Ostsee: einmal den Peenestrom, dann haben wir die Kaiserfahrt und die Dziwna auf polnischer Seite. Und dann haben sie natürlich diesen Langzeitsender im Bauch. Und wir hoffen, dass sie, wenn die Tiere nach 10 bis 15 Jahren geschlechtsreif sind, dass wir auch ihre Wanderung zurück in ihren Heimatfluss, die Oder, nachverfolgen können und dann nachweisen können, dass wir laichbereite Störe dort haben."
Ursprünglich sollten Störe in die Oder
Eigentlich hätten die Störe in die Oder ausgesetzt werden sollen, damit sie den Fluss als ihr Laichgewässer annehmen. Doch im Wasser der Oder sind die giftigen Goldalgen nach der Umweltkatastrophe im Sommer noch immer nachweisbar: "Diese Algen bilden wohl Dauerstadien im Sediment und können natürlich bei für die günstigen Bedingungen wieder anfangen zu blühen und sich zu vermehren. Es soll ein dauerhaftes Monitoring in der Oder etabliert werden, soweit ich weiß." Wann überhaupt ein Besatz in der Oder wieder möglich ist, ist aktuell nicht kalkulierbar.
20 Euro für Sichtung
In der Landesforschungsanstalt in Born leben noch 5.000 kleine Störe von diesem Jahr, die ebenfalls in die Oder ausgewildert werden sollten. Wohin sie kommen, ist noch offen. Ihre großen Geschwister mit dem Langzeitsender werden sich jetzt vermutlich noch eine Weile im Oderhaff aufhalten. Dort fischt auch Marko Kulling aus Altwarp. Er hofft auf eine bessere Zukunft und hat mit seinem Kutter die Störe auf's Haff gebracht, "um den Bestand aufrecht zu halten". Sollten sich Störe in einem Stellnetz oder einer Reuse verfangen, bekommen die Fischer für eine Meldung 20 Euro vom Land.
Jeder Stör zählt
Wissenschaftlerin Christin Höhne hofft auf eine gute Zusammenarbeit. Fischer können diese Störe an ihrer roten Stäbchenmarkierung hinter der Rückenflosse erkennen. "Die Fischer können sich gerne mit einem Foto oder Angaben von Größe, Gewicht und Markennummer beim Institut für Fischerei der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei in Mecklenburg-Vorpommern melden und dann wird das von uns ausgezahlt." Jeder Stör zählt. Das Forschungsprojekt hat das Ziel, dass sich irgendwann einmal der Baltische Stör selbst reproduziert in der Natur, damit Fischer ihn nachhaltig fangen können.