Bäckermeister Herrmann, Chef des Backhus Grabow, präsentiert in seinem Laden zusammen mit einer Kollegin einen Korb voller Brote. © NDR Foto: Franziska Drewes

Grabower Backhus: Sauerkraut veredelt das Mischbrot

Stand: 05.05.2023 05:58 Uhr

Heute ist Tag des Deutschen Brotes und somit der wichtigste Tag der backenden Zunft. Doch Handwerksbäckereien haben es immer schwerer zu überleben, auch in Mecklenburg-Vorpommern.

von Franziska Drewes

Seit fast 150 Jahren wird in Grabow (Landkreis Ludwigslust-Parchim) am selben Ort gebacken. Erik Herrmann führt den Familienbetrieb "Grabower Backhus" in fünfter Generation. Es brummt in der Backstube. Eine Teigmaschine rührt einen besonderen Sauerteig an. "20 Prozent Sauerkraut setzen wir auf einen Mischbrotteig zu. Mischbrotteig wird normalerweise durch Milchsäure, Essigsäure und Hefe gesäuert. Aber wenn Sie Säure brauchen, ist im Sauerkraut die Milchsäure und Sie haben ein richtig starkes Aroma“. Erik Herrmann backt schon lange das Mischbrot mit Sauerkraut. Die Idee dazu hatte er selbst. Der 55-jährige Bäckermeister kombiniert sein Sauerkrautbrot mal mit Kräutern, mal mit Wildschinken.

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Bäckerei in Familienhand

Seit 1874 wird im Grabower Backhus Brot kreiert. Auch Brötchen, Kuchen und Konfekt entstehen hier, oft nach alten Familienrezepten. Mit Ururgroßvater Karl-August Herrmann fing alles an, der sich als junger Mann in Grabow niederließ. Vor 31 Jahren wurde Erik Herrmann Chef. "Ich habe mein Leben lang nie was anderes gesehen, gerochen und geschmeckt als Backhandwerk und Bäckerei. Und deswegen habe ich den väterlichen Betrieb übernommen." Obwohl sein Vater ihm abgeraten hatte, Bäcker zu werden. Erik Herrmann erinnert sich, dass sein Vater erkannt hatte, dass zu sozialistischen Zeiten das private Handwerk nicht erwünscht war und die Familie fürchtete, die Existenz zu verlieren. Er ging diesen Weg dennoch weiter. Inzwischen spürt er längst, dass es dem Handwerk immer schwerer fällt, die Menschen zu ernähren. "Die Abgaben und Probleme werden immer größer."

Immer mehr Betriebe werden geschlossen

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es noch 155 Handwerksbäckereien. Aus den Zahlen des Zentralverbandes des deutschen Bäckerhandwerks geht hervor, dass bundes- wie landesweit die Zahl der Bäckereibetriebe weiter zurückgeht. In Mecklenburg-Vorpommern wurden im vergangenen Jahr 13 Betriebe geschlossen, demgegenüber stehen neun Neugründungen. Nach Aussage des Verbandes dürften für den Rückgang mehrere Faktoren eine Rolle spielen. Vorn dabei sind die stark gestiegenen Energiekosten. Erik Herrmann feuert seine Öfen mit Heizöl an. "Und da hakt bei mir das Glück ein. Ich hatte noch vor der Energiekrise günstiges Heizöl gekauft. Das war reiner Zufall, die Krise kam erst später."

Konkurrenz der Backindustrie

Hinzu kommt nach Angaben des Zentralverbandes der enorme Konkurrenzdruck durch die Backindustrie und die Backshops in den Discountern. Erik Herrmann setzt auf gute Zusammenarbeit mit dem Einzelhandel. "Wir verkaufen zum Beispiel unseren Baumkuchen an den Handel und damit nutzen wir den Handel als Vertriebsschiene, was wir als Handwerker vorher gar nicht erdacht haben. Der Handel möchte gern regionale Ware haben." Der Bäckermeister sieht darin eine große Chance für das Ernährungshandwerk.

Die Kinder arbeiten in der Verwaltung

Erik Hermann möchte noch fünf oder sechs Jahre als Bäckermeister arbeiten. Dann will er für immer seine Backstube schließen. "Dabei ist keine Wehmut. Es gibt so viele schöne Sachen, die man machen kann im Leben: Spazieren gehen, einen Roman schreiben oder Geschichten für den NDR auf Plattdeutsch schreiben." Seine beiden Kinder haben sich bereits für einen Beruf in der Verwaltung entschieden, ihr Vater hatte ihnen davon abgeraten, Bäcker zu werden. Herrmann: "Nach mir wird hier das Licht ausgehen."

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 05.05.2023 | 12:00 Uhr

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