Dorf Stadt Kreis: Polnisch feiern in MV - Weihnachten in der Wahlheimat
Etwa 16.000 Polinnen und Polen leben derzeit in Mecklenburg-Vorpommern - auch während der Feste und Feiertage. Sie alle haben Bräuche und Gepflogenheiten mitgebracht. Für Polin Arleta Wegner und ihren deutschen Mann ist Weihnachten auch zu einem Fest der Kompromisse geworden.
Für Arleta Wegner ist es immer noch befremdlich, wenn sie mit ihrer kleinen Tochter über den Stralsunder Weihnachtsmarkt schlendert. Die vielen Menschen, das Gedränge, die Lautstärke, die vielen Einkaufstüten - in Polen, wo sie aufgewachsen ist, geht Advent anders. Die polnische Weihnacht ist eher still und besinnlich. Bis vor ein paar Jahren gab es in Polen gar keine Weihnachtsmärkte. Der Advent ist die Zeit der Einkehr.
Fasten und besinnliche Rückschau statt Weihnachtstrubel
In Arletas Heimat in Nowy Sacz wird gefastet und auf das vergangene Jahr zurückgeschaut. "In dieser Zeit versuchen die Menschen einfach, in sich reinzugehen, ein bisschen nachzudenken, so etwas in dieser Art wie: Was habe ich die letzten zwei, drei Wochen oder Monate besonders gut gemacht oder doch vielleicht falsch gemacht?" Man frage sich, was in den letzten Monaten oder Jahren falsch oder richtig gelaufen ist, so Arleta Wegner.
Weihnachten abwechselnd in Stralsund und Polen
Für Ehemann Alexander Wegner, aufgewachsen in Neubrandenburg, ist das wiederum gewöhnungsbedürftig. Für ihn gehören Mandelmutzen, Glühwein und Kinderkarussell zwingend in den Advent. Für den Koch ist sowieso jeder Advent turbulent und mit viel Arbeit verbunden. Und natürlich findet die Familie in ihrer Wahlheimat Stralsund Kompromisse. Das Fest selbst wird zum Beispiel immer abwechselnd am Strelasund oder in Polen bei Arletas Eltern gefeiert. Zwölf Jahre lang ist das jetzt so.
Polen: Um Mitternacht fangen sie an zu weinen
Trotzdem ist Alexander immer noch irritiert, wenn in Polen am Heiligabend um Mitternacht alle anfangen zu weinen. Dann wird die "Oplatek" gebrochen. Das ist eine große eckige Oblate, eine hauchdünne Waffel, die extra für diesen Zweck aus Weizen und Wasser hergestellt wird. Jeder bricht ein Stück ab und spricht ganz konkrete Wünsche für die anderen aus. Dabei fließen die Tränen. Das gehört in Polen einfach dazu. Geschenke gibt es eher keine. Bei binationalen Kindern wie der zweijährigen Tochter Emi werden dort natürlich auch Kompromisse gemacht.
Bockwurst statt zwölf Gerichte
In Stralsund integriert die Familie auch, was Alexander aus seiner Kindheit im Nordosten mitgebracht hat. Die obligatorische Bockwurst mit Kartoffelsalat ist für Arleta immer noch eine echte Hürde, denn in Polen wird frühestens am ersten Weihnachtsfeiertag wieder Fleisch gegessen.
Am Heiligabend nicht wie in ihrer polnischen Heimat zwölf Gerichte aufzutischen, kann auch eine Entlastung sein. Besonders, wenn der Mann beruflich gerade Hotelgäste bekocht und erst spät nach Hause kommt. In der Gastronomie haben sich die beiden kennengelernt - in Zingst. Arleta unterrichtet übrigens inzwischen Deutsch für Einwanderer und begleitet diese auf dem Arbeitsmarkt. Denn kultureller Austausch ist inzwischen ihr Spezialgebiet.
Die neue Folge von Dorf Stadt Kreis Pomerania #156 "Weihnachten in der Wahlheimat" - Geschichten aus der Grenzregion.
