Kommentar: Lernferien im ganzen Norden notwendig
Für viele Schülerinnen und Schüler bringen die Corona-bedingten Unterrichtsausfälle teils heftige Probleme mit sich. Einige drohen gar komplett den Anschluss zu verlieren. Um das auszugleichen, wollen Bundesländer wie Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern anbieten, dass in den Sommerferien Unterrichtsstoff mithilfe von Lehrkräften nachgeholt werden kann.
Ein Kommentar von Verena Gonsch, NDR Info

Es gibt ganz klare Verlierer dieser Corona-Krise: viele Schülerinnen und Schüler, die in den letzten Wochen keinen oder nur sehr wenig Unterricht hatten. Unsere eigene NDR Info-Recherche hat gezeigt, dass Lehrkräfte zu einigen ihrer Schüler sogar ganz den Kontakt verloren haben und dass der Ersatzunterricht über Videokonferenzen bisher nur sehr eingeschränkt funktioniert.
Was das für Folgen für diese Generation haben kann, davor warnen Bildungsexperten seit Wochen. Sie fürchten, dass jeder fünfte Schüler abgehängt wird, dass Abschlüsse, die in diesem Jahr nicht gemacht werden, auch im kommenden nicht nachgeholt werden. Kurz: Dass diese Zeit in dem Lebenslauf vieler junger Menschen negativ zu Buche schlägt. Die Lernferien, wie sie jetzt in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein angeboten werden, sind ein kleiner, aber wichtiger Versuch, diese Nachteile auszugleichen.
Lernferien-Angebot ist freiwillig
Worum geht es denn eigentlich? Die letzten zwei Wochen in den Ferien gibt es Lernangebote für diejenigen Schüler, die in einigen Fächern nicht mehr mitkommen. Ihnen soll der Start ins neue Schuljahr erleichtert werden. Unterrichtet werden sie von Lehrerinnen und Lehrern der Volkshochschulen oder Honorarkräften. Organisiert wird der Service von den Schulbehörden gemeinsam mit den Schulleitern. In Hamburg sollen alle Schulen diesen Unterricht anbieten, in Schleswig-Holstein sind es Schulen, die sich freiwillig bereit erklären. Es geht also mitnichten darum, allen Lehrkräften jetzt die Ferien zu streichen. Und auch für die Schülerinnen und Schüler ist das Angebot freiwillig.
Flexibilität ist auch von Lehrern gefragt
Der Aufschrei der Lehrkräfte und Gewerkschaften in Hamburg ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar und vollkommen überzogen. Niemand wird momentan in Abrede stellen, dass die Schulen viel zu organisieren haben und dass niemand sie auf diese Zeit vorbereitet hat. Aber Hand aufs Herz: Für wen in dieser Gesellschaft gilt das momentan nicht? Vier von fünf Lehrer sind Beamte. Das bedeutet auch, dass sie besondere Privilegien genießen und dass sie in Krisenzeiten auch in besonderer Weise zur Verfügung stehen müssen. Das beinhaltet eben auch Flexibilität. Diese werden alle Schulen im Norden auch für die Zeit nach den Sommerferien brauchen. Die Kultusminister peilen nach derzeitigem Stand einen normalen Regelunterricht nach den Ferien an - allerdings mit der Einschränkung, dass dies die Infektionszahlen auch zulassen. All das lässt sich heute - Mitte Juni - nicht planen.
Neue Vorgaben der Schulbehörden sind alternativlos
Schulleitungen und Lehrkräfte werden also noch eine ganze Weile mit Unsicherheit und immer neuen Vorgaben der Schulbehörden leben müssen. Trotzdem ist das, wie es sonst auch in anderen Bereichen der Politik so schön heißt, alternativlos - zum Wohle der Schülerinnen und Schüler, die ansonsten komplett den Anschluss verlieren.
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